Was weg is, is weg
  -  Kinostart: 22. März 2012 ; Österreich: 30. März 2012 ; DVD/Blu-ray Start: 19. Oktober 2012


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Premiere und Filmkritiken

Von: Christian Lerch
Mit: Florian Brückner - Lukas Baumgarten ; Mathias Kellner - Paul Baumgarten ; Maximilian Brückner - Hansi Baumgarten ; Johanna Bittenbinder - Mutter Baugarten ; Heinz-Josef Braun - Vater Baumgarten ; Jürgen Tonkel - Franz Much ; Nina Proll - Gini Much ; Marie Leuenberger - Luisa ; Siegfried Terpoorten - Pater Ben ; Johann Schuler - Onkel Sepp


"Was weg is, is weg" - A komischa Dog is des heit: Ein bayerischer Film - ohne dabei bayerische Klischees zu bedienen. Er könnte in jeder ländlichen Region spielen, aber die bayerische Mentalität und Sprache geben der Handlung noch einen extra Kick. Der Film gibt nicht vor lustiger zu sein als er ist; er ist lustig, ohne doof-lustig zu sein, und bietet dem Zuschauer genug Stoff um hinterher auch noch über das Gesehene nachzudenken.

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Die drei kleinen Baumgarten-Buam, Onkel Sepp und der Pursogator.
Es beginnt im April 1968, drei kleine Buben wollen auf dem elterlichen Bauernhof mit dem Bruder ihrer Mutter, einem frühen Öko-Aktivisten und Erfinder, seinen Pursogator zur alternativen Energiegewinnung einweihen. Leider geht schief, was schief gehen kann. Es gibt einen Kurzschluss, der Onkel fällt von der Leiter und bleibt bewusstlos liegen und auch an Paul, dem jüngsten der Brüder geht der Unfall nicht spurlos vorbei.


Der erwachsene Paul (Mathias Kellner) arbeitet für den Metzger Much und seine Frau Gini.

18 Jahre später, im April 1986, ist Lukas, der mittlere der Brüder, grade dabei Bayern in Richtung Neuseeland zu verlassen, um sich dort Greenpeace zur Rettung der Wale anzuschließen. Am Morgen nach der Abschiedsfeier packt er letzte Dinge in seinen Rucksack und entschließt sich doch noch, bei den Eltern anzurufen, um sich zu verabschieden. Der Kontakt ist eigentlich schon lange abgebrochen, aber da muss er jetzt durch. Die Ehe seiner Eltern hat den Unfall nicht unbeschadet überstanden, die Mutter ist vollauf mit der Pflege ihres seit damals im Koma liegenden Bruders beschäftigt, und der Vater hat sich in seine eigene Welt zurückgezogen und bereitet sich auf den Angriff aus dem Osten vor. Von der Feier ist Marie übriggeblieben, und eigentlich finden es beide schade, dass sich ihre Wege so schnell wieder trennen werden.

Die hübsche Luisa (Marie Leuenberger) tritt in das Leben von Lukas (Florian Brückner).

Lukas muss noch die Betreuung von Paul organisieren, das muss dann heute Hansi, der älteste der Brüder übernehmen. Hansi ist inzwischen ein etwas windiger Versicherungsmakler und Konzertmanager (oder wie ihn Maximilian Brückner beschreibt: „... ein kleiner Schaumschläger und Schlawiner, aber irgendwie doch sympathisch ...“), der mit dem neuesten Mobiltelefon und rotem aufgemotzten Sportwagen durch die Landschaft heitzt. Er soll den geistig zurückgebliebenen und übergewichtigen Paul, der sich zwar für Jesus hält aber sonst ganz umgänglich ist, in der Wirtschaft und Metzgerei Much, die grade vom Gerichtsvollzieher gepfändet wird, abholen und zu den Eltern bringen. Dabei will Hansi Franz Much gleich noch mit einem kleinen Versicherungsbetrug aus der finanziellen Not helfen - ein Unfall mit abgetrennten Gliedmaßen brächte das dringend benötigte Geld in die Kasse. Was dann doch nur als Scherz gemeint war, endet blutig in der Metzgerei, und als dann auch noch der Hund mit Muchs abgetrenntem Unterarm und Paul im Schlepptau davon läuft, ist das Chaos perfekt. Die Muchs und Hansi machen sich an die Verfolgung, damit der Arm vielleicht wieder angenäht werden könnte.
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Hansi (Maximilian Brückner) hat eine geniale Idee, um dem Wirt Franz Much (Jürgen Tonkel) aus seinen Geldnöten zu helfen: "Da kannt ma scho wos macha." "Haxn brecha oda wos?" "Host hoit a Drum weniga."
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Hansi (Maximilian Brückner), Gini (Nina Proll) und Franz (Jürgen Tonkel) sind verzweifelt auf der Suche nach dem verlorenem Arm. Und Hansi befürchtet, dass das Blut nie wieder aus den Sitzbezügen rausgeht.

Der Hund verliert den Arm und der landet zufällig auf dem Mistwagen von Vater Baumgarten. So findet der Arm seinen Weg auf den Küchentisch der Familie und von dort in deren Kühltruhe, es könnte sich ja der Besitzer melden.
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Die Eltern Erika (Johanna Bittenbinder) und Johann Baumgarten (Heinz-Josef Braun) überlegen, wem dieser abgetrennte Arm gehören könnte: "Den gfrier ma ei, dann ko ma'n wieda onahn."

Lukas ist derweil zusammen mit Luisa und seinem Mitbewohner, Pater Ben auf dem Weg zum Bahnhof, aber unterwegs will er noch ein Zeichen des Protests gegen Atomkraftwerke an einem der Strommasten hinterlassen.
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Lukas (Florian Brückner) und Luisa (Marie Leuenberger) klettern auf den Strommasten, um zusammen ein gigantisches Anti-Atomkraft-Banner zu enthüllen.

Im Verkehrstau wegen einer Umweltdemo in der nahegelegenen Stadt greifen die drei Paul auf und nehmen ihn erst mal mit. Auch Hansi und die Muchs sehen ihn noch von ferne und machen sich nun an die Verfolgung von Lukas‘ Wagen, da sie immer noch denken, dass Paul den Arm bei sich hätte.
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Hansi hat sein Auto im Acker festgefahren und weil niemand zum Rausziehen kommt, muss er selber schieben.
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"Is do wer?" Gini und Hansi beim Telefonieren mit dem hochmodernen Mobiltelefon.
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"I hob'n!" Hansi glaubt den verlorenen Arm endlich wieder gefunden zu haben.

Lukas will eigentlich immer noch zum Zug um nach Neuseeland zu reisen, aber langsam reift bei ihm die Erkenntnis, dass er ja auch in der Heimat etwas bewegen könnte, und eigentlich erst mal mit seiner Familie ins Reine kommen sollte.

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Lukas (Florian Brückner) und Luisa (Marie Leuenberger) sind mit Pater Ben (Siegfried Terpoorten) im Schlepptau auf dem Weg zum Bauernhof der Baumgartens.

Nach der äußerst turbulenten Fortsetzung der Verfolgungsjagd findet sich die gesamte Familie auf dem heimischen Hof ein, der Onkel erwacht aus dem Koma mitsamt der Lösung des Problems, warum es damals beim Pursogator zum Kurzschluss kam, und verabschiedet sich dann zu seinen Vorfahren. Und der tiefgekühlte Arm findet seinen Besitzer wieder.

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Hansi und sein Vater testen schon die neue Sat-Schüssel, während die anderen den Arm bestaunen.

Die Muchs samt Franz‘ Unterarm machen sich endlich auf den Weg ins Krankenhaus. Und die Mama macht sich auf den Weg nach Altötting - rückwärtz ...

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Der Film, seine Bildsprache, die Kameraführung und ganz besonders die Schnitttechnik passen sich der Zeit der Handlung an. Der Film ist schnell, ohne schnelle Bilder, sondern mit schnellem Ausdruck. Er lässt aber Luft zum Schauen, wenn auch nicht zum Durchschnaufen - weder den Protagonisten noch dem Publikum. Doch er lässt auch Zeit zum Lachen. Er vermittelt die Stimmung der 80er Jahre, aber mit einem heutigen Blick auf damals. Wenn auch ungeplant, ist der Film seit dem Beschluss der Stilllegung der deutschen Atomkraftwerke wesentlich aktueller als die Macher es vermutlich zu hoffen gewagt hatten. Die Katastrophe von Tschernobyl sollte ja nicht in Vergessenheit geraten.

"Was weg is, is weg" ist das Regiedebüt von Christian Lerch, der auch fürs Drehbuch verantwortlich zeichnet. Obwohl er und einige der Beteiligten hinter und vor der Kamera sich aus der Zusammenarbeit mit Marcus H. Rosenmüller (den ich sehr schätze) kennen, hat der Film doch eine eigene Handschrift und Machart und entwickelt einen anderen Rhythmus in der Erzählweise.

Er ist sehenswert, er ist unterhaltsam; außerhalb Bayerns könnten sprachliche Probleme auftreten, da er wohl in der Originalfassung ohne Untertitel gespielt werden wird, aber die behandelten Probleme sind universell und die Zuschauer werden schon folgen können. Das kann ich nun aber selber nicht beurteilen, da bayrisch meine Heimatsprache und die gelegentlich quere Denkweise mir ebenfalls sehr vertraut ist.

Die Erinnerung an die Kleidung und Frisuren der Zeit hatte ich erfolgreich verdrängt, aber sie sind sehr authentisch, vor allem die Rudi-Völler-Gedächtnismatte samt Schnauzer und überdimensioniertem Sakko, hier in Gelb getragen von Hansi Baumgarten, waren damals ziemlich en vogue. Auch die Musikuntermalung ist stimmig, und im Gegensatz zu vielen anderen aktuellen Filmen nicht aufdringlich.

Meine Lieblingsszene ist die, in der Lukas (Florian Brückner) und Hansi (Maximilian Brückner) im Wasser aufeinander losgehen. Da merkt man halt, dass die beiden im wahren Leben auch Brüder sind, die Rangelei musste vom Regisseur wohl nicht extra geprobt - eher eingebremst werden.

Ich habe den Film in Anwesenheit von Christian Lerch, Johanna Bittenbinder (Mutter Baumgarten), Heinz-Josef Braun (Vater Baumgarten) und Jürgen Tonkel (Franz Much) gesehen, für die es auch das erste Mal war den fertigen Film sehen zu können und konnte auch kurz mit ihnen darüber sprechen. Sie waren sich einig, dass es ihnen Freude gemacht hatte, den Film zu schaffen, dass sich beim Schnitt sehr viele vorher unentdeckte Momente fanden, und auch die Zusammenarbeit wäre eher Vergnügen als Arbeit gewesen.

Übrigens: Der Arm ist wieder dran, es ist kein bleibender Schaden entstanden!

© EFi, Januar 2012

Alle Photos: © Senator Film Verleih 
Seite erstellt am 3. Februar 2012 von EFi, ergänzt am 14.7.12 zurück zu
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