Von: Christian Lerch Mit: Florian Brückner - Lukas Baumgarten ; Mathias Kellner - Paul Baumgarten ; Maximilian Brückner - Hansi Baumgarten ; Johanna Bittenbinder - Mutter Baugarten ; Heinz-Josef Braun - Vater Baumgarten ; Jürgen Tonkel - Franz Much ; Nina Proll - Gini Much ; Marie Leuenberger - Luisa ; Siegfried Terpoorten - Pater Ben ; Johann Schuler - Onkel Sepp "Was weg is, is weg" - A komischa Dog is des heit: Ein bayerischer Film - ohne dabei bayerische Klischees zu bedienen. Er könnte in jeder ländlichen Region spielen, aber die bayerische Mentalität und Sprache geben der Handlung noch einen extra Kick. Der Film gibt nicht vor lustiger zu sein als er ist; er ist lustig, ohne doof-lustig zu sein, und bietet dem Zuschauer genug Stoff um hinterher auch noch über das Gesehene nachzudenken.
18 Jahre später, im April 1986, ist Lukas, der mittlere der Brüder, grade dabei Bayern in Richtung Neuseeland zu verlassen, um sich dort Greenpeace zur Rettung der Wale anzuschließen. Am Morgen nach der Abschiedsfeier packt er letzte Dinge in seinen Rucksack und entschließt sich doch noch, bei den Eltern anzurufen, um sich zu verabschieden. Der Kontakt ist eigentlich schon lange abgebrochen, aber da muss er jetzt durch. Die Ehe seiner Eltern hat den Unfall nicht unbeschadet überstanden, die Mutter ist vollauf mit der Pflege ihres seit damals im Koma liegenden Bruders beschäftigt, und der Vater hat sich in seine eigene Welt zurückgezogen und bereitet sich auf den Angriff aus dem Osten vor. Von der Feier ist Marie übriggeblieben, und eigentlich finden es beide schade, dass sich ihre Wege so schnell wieder trennen werden.
Lukas muss noch die Betreuung von Paul organisieren, das muss dann heute Hansi, der älteste der Brüder übernehmen. Hansi ist inzwischen ein etwas windiger Versicherungsmakler und Konzertmanager (oder wie ihn Maximilian Brückner beschreibt: „... ein kleiner Schaumschläger und Schlawiner, aber irgendwie doch sympathisch ...“), der mit dem neuesten Mobiltelefon und rotem aufgemotzten Sportwagen durch die Landschaft heitzt. Er soll den geistig zurückgebliebenen und übergewichtigen Paul, der sich zwar für Jesus hält aber sonst ganz umgänglich ist, in der Wirtschaft und Metzgerei Much, die grade vom Gerichtsvollzieher gepfändet wird, abholen und zu den Eltern bringen. Dabei will Hansi Franz Much gleich noch mit einem kleinen Versicherungsbetrug aus der finanziellen Not helfen - ein Unfall mit abgetrennten Gliedmaßen brächte das dringend benötigte Geld in die Kasse. Was dann doch nur als Scherz gemeint war, endet blutig in der Metzgerei, und als dann auch noch der Hund mit Muchs abgetrenntem Unterarm und Paul im Schlepptau davon läuft, ist das Chaos perfekt. Die Muchs und Hansi machen sich an die Verfolgung, damit der Arm vielleicht wieder angenäht werden könnte. Der Hund verliert den Arm und der landet zufällig auf dem Mistwagen von Vater Baumgarten. So findet der Arm seinen Weg auf den Küchentisch der Familie und von dort in deren Kühltruhe, es könnte sich ja der Besitzer melden.
Lukas ist derweil zusammen mit Luisa und seinem Mitbewohner, Pater Ben auf dem Weg zum Bahnhof, aber unterwegs will er noch ein Zeichen des Protests gegen Atomkraftwerke an einem der Strommasten hinterlassen.
Im Verkehrstau wegen einer Umweltdemo in der nahegelegenen Stadt greifen die drei Paul auf und nehmen ihn erst mal mit. Auch Hansi und die Muchs sehen ihn noch von ferne und machen sich nun an die Verfolgung von Lukas‘ Wagen, da sie immer noch denken, dass Paul den Arm bei sich hätte.
Lukas will eigentlich immer noch zum Zug um nach Neuseeland zu reisen, aber langsam reift bei ihm die Erkenntnis, dass er ja auch in der Heimat etwas bewegen könnte, und eigentlich erst mal mit seiner Familie ins Reine kommen sollte.
Nach der äußerst turbulenten Fortsetzung der Verfolgungsjagd findet sich die gesamte Familie auf dem heimischen Hof ein, der Onkel erwacht aus dem Koma mitsamt der Lösung des Problems, warum es damals beim Pursogator zum Kurzschluss kam, und verabschiedet sich dann zu seinen Vorfahren. Und der tiefgekühlte Arm findet seinen Besitzer wieder.
Die Muchs samt Franz‘ Unterarm machen sich endlich auf den Weg ins Krankenhaus. Und die Mama macht sich auf den Weg nach Altötting - rückwärtz ... - - - - - Der Film, seine Bildsprache, die
Kameraführung und ganz
besonders die Schnitttechnik passen sich der Zeit der Handlung an. Der
Film ist schnell, ohne schnelle Bilder, sondern mit schnellem Ausdruck.
Er lässt aber Luft zum Schauen, wenn auch nicht zum
Durchschnaufen - weder den Protagonisten noch dem Publikum. Doch er
lässt auch Zeit zum Lachen. Er vermittelt die Stimmung der
80er Jahre, aber mit einem heutigen Blick auf damals. Wenn auch
ungeplant, ist der Film seit dem Beschluss der Stilllegung der
deutschen Atomkraftwerke wesentlich aktueller als die Macher es
vermutlich zu hoffen gewagt hatten. Die Katastrophe von Tschernobyl
sollte ja nicht in Vergessenheit geraten.
"Was weg is, is weg" ist das Regiedebüt von Christian Lerch, der auch fürs Drehbuch verantwortlich zeichnet. Obwohl er und einige der Beteiligten hinter und vor der Kamera sich aus der Zusammenarbeit mit Marcus H. Rosenmüller (den ich sehr schätze) kennen, hat der Film doch eine eigene Handschrift und Machart und entwickelt einen anderen Rhythmus in der Erzählweise. Er ist sehenswert, er ist unterhaltsam; außerhalb Bayerns könnten sprachliche Probleme auftreten, da er wohl in der Originalfassung ohne Untertitel gespielt werden wird, aber die behandelten Probleme sind universell und die Zuschauer werden schon folgen können. Das kann ich nun aber selber nicht beurteilen, da bayrisch meine Heimatsprache und die gelegentlich quere Denkweise mir ebenfalls sehr vertraut ist. Die Erinnerung an die Kleidung und Frisuren der Zeit hatte ich erfolgreich verdrängt, aber sie sind sehr authentisch, vor allem die Rudi-Völler-Gedächtnismatte samt Schnauzer und überdimensioniertem Sakko, hier in Gelb getragen von Hansi Baumgarten, waren damals ziemlich en vogue. Auch die Musikuntermalung ist stimmig, und im Gegensatz zu vielen anderen aktuellen Filmen nicht aufdringlich. Meine Lieblingsszene ist die, in der Lukas (Florian Brückner) und Hansi (Maximilian Brückner) im Wasser aufeinander losgehen. Da merkt man halt, dass die beiden im wahren Leben auch Brüder sind, die Rangelei musste vom Regisseur wohl nicht extra geprobt - eher eingebremst werden. Ich habe den Film in Anwesenheit von Christian Lerch, Johanna Bittenbinder (Mutter Baumgarten), Heinz-Josef Braun (Vater Baumgarten) und Jürgen Tonkel (Franz Much) gesehen, für die es auch das erste Mal war den fertigen Film sehen zu können und konnte auch kurz mit ihnen darüber sprechen. Sie waren sich einig, dass es ihnen Freude gemacht hatte, den Film zu schaffen, dass sich beim Schnitt sehr viele vorher unentdeckte Momente fanden, und auch die Zusammenarbeit wäre eher Vergnügen als Arbeit gewesen. Übrigens: Der Arm ist wieder dran, es ist kein bleibender Schaden entstanden! © EFi, Januar 2012 Alle
Photos: ©
Senator Film Verleih
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