(2002) AT: Tupperware Erstsendung: 27. Februar 2003, pro7 Zwei Kinder, ein Ehemann, Haushalt, Garten und ein Hund. Wie soll es eine Frau da schaffen, auch noch drei Leichen verschwinden zu lassen? Synopsis: Two children, a husband, a house, a garden and a dog. With all these on her hands how can a woman also manage to make three corpses disappear?
Deutscher Fernsehpreis 2003 für "Beste Nebendarstellerin" (Ulrike Kriener) und "Beste Musik" (Dieter Schleip) Nominierung für den Deutschen Fernsehpreis 2003 in der Kategorie "Bester Nebendarsteller" (Heinrich Schmieder) und "Bestes Drehbuch - Fernsehfilm/Mehrteiler" Saskia Kuipers
Vermutlich ist die Redensart von der Leiche im Keller älter als der Film "Arsen und Spitzenhäubchen". In Frank Capras Klassiker des schwarzen Humors brachten zwei eigentlich reizende alte Damen ihre Besucher um. Auch die Mörderin aus "Männer häppchenweise" macht auf den ersten Blick einen eher unbescholtenen Eindruck. Und strenggenommen ist sie ja auch gar keine Mörderin. Wenn die Männer ihr unter der Hand wegsterben, dann eher aus Versehen. Eigentlich verteidigt Hausfrau Doris (Gruschenka Stevens) bloß ihr Familienglück; das allerdings wie eine Löwin. Alles beginnt mit dem Umzug in ein neues Heim. Dummerweise entpuppt sich der fiese Nachbar Reinhart (Hansa Czypionka) als alter Bekannter: Bevor Doris in Klaus (Arnd Klawitter) den Mann fürs Leben fand, war sie Callgirl. Reinhart gehörte zu ihren Stammkunden. Das letzte Stelldichein endete für ihn eher unsanft, nun will er Revanche. Sein Tod ist alles andere als geplant, kommt Doris aber nicht ungelegen, denn sie hat nie den Mut gefunden, ihren Mann über ihre Vergangenheit aufzuklären. Kurzentschlossen wird Reinhart mit Hilfe von Elektromesser und Fleischwolf in Häppchen zerlegt und eingefroren; sehr zur Freude des Königspudels. Regisseurin Vivian Naefe erzählt die makabre Geschichte mit wunderbar leichter Hand, konnte aber auch auf ein überaus abwechslungsreiches Drehbuch vertrauen. Immer wieder verblüfft Autorin Saskia Kuipers mit überraschenden Wendungen. So lässt sich zum Beispiel Nachbarin Helga (Ulrike Kriener), Reinharts lustige Witwe, auf eine innige Beziehung mit einem jungen Mann (Oliver K. Wnuk) ein. Prompt gerät sie in den Verdacht des Gattenmords, bis sich herausstellt, daß der junge Verehrer Polizist ist. Später wird Helga dann zu Doris' Komplizin, denn mit fast schon aufreizender Beiläufigkeit bringen Kuipers und Naefe einen zweiten Kandidaten für die Tiefkühltruhe ins Spiel: Bei der nächtlichen Entsorgung sperriger Körperteile kommt Doris ausgerechnet einem Serienkiller, dem so genannten Mülltonnenmörder, in die Quere. Geschickt verpackt Kuipers die höchst vergnügliche Handlung in eine lange Rückblende: Der Film beginnt mit Doris' Überführung durch einen fast schon bemitleidenswerten Kommissar (Heinrich Schmieder), dem sie immer wieder durch die Maschen schlüpft und dem sie nun die ganze Geschichte erzählt. Doch auch dieses Geständnis ist noch lange nicht das Ende... tpg, kino.de
Helge Hopp, Berliner Zeitung 27. Februar 2003
Geschnitten, nicht am Stück - Wenn Callgirls bürgerlich werden, gibt's "Männer häppchenweise" Der Weg in ein normales Leben wird nicht ganz einfach sein, wenn die Ehefrau und Mutter früher als Callgirl gearbeitet hat. Als Doris (Gruschenka Stevens) samt Mann Klaus (Arnd Klawitter) und den Kindern Lotti und Tobias in eine neue, grundsolide Wohngegend zieht, holt sie ihre Vergangenheit schon am Einzugstag ein. Nachbar Reinhart (Hansa Czypionka) war einst ein Kunde der attraktiven Doris und droht alsbald damit, die Bombe platzen zu lassen, wenn sie ihm nicht gelegentlich entgegenkäme. Der Ehemann von Doris ahnt von alledem nichts, was auch so bleiben soll. Als Reinhart zudringlich wird, stürzt just eine schwere Tonskulptur auf den Lüstling, und schwuppdiwupp hat Doris eine Leiche im nagelneuen Keller. Was nun, was tun? Kurzerhand friert Doris den erhitzten Grabscher ein, fein säuberlich zersägt und in Tupperware abgepackt - den Hund freut's. Reinharts Witwe Helga (Ulrike Kriener) ist um den Verlust nicht eben traurig, lacht sich einen Jungpolizisten an, derweil Kommissar Forchert (Heinrich Schmieder) Doris längst im Visier hat. Gerade erst war von der Münchner Regisseurin Vivian Naefe - die etwa für den BR-Tatort "Kleine Diebe" den Bayerischen Fernsehpreis erhielt - der ARD-Film "Verrückt ist auch normal" zu sehen, schon liefert Pro 7 ihren nächsten Wurf: "Männer häppchenweise" (20 Uhr 15). Übrigens beides Komödien, und beide mit Gruschenka Stevens als Hauptdarstellerin. Es sind dies Komödien mit deutlich schräg-schwarzem Humor, beinahe absurde Grotesken - gewiss nicht jedermanns Geschmack. Und wenn Gruschenka Stevens im Keller fleißig sägt, portioniert und schockgefriert, derweil Ulrike Kriener als neugierige Nachbars-Witwe die Lockenwickler zählt, dann kippt das manchmal um, schlingert haarscharf an Klischees vorbei, die keiner braucht. So mag es stellenweise am nicht vollends ausgegorenen Drehbuch von Saskia Kuipers liegen, dass, sobald Schwung in die Komödie kommt, schon wieder (unfreiwillig) auf die Bremse getreten wird. Doch die Schwächen kennzeichnen die 90 Minuten Film beileibe nicht von Anfang bis Ende; und überhaupt, wann hat man Ulrike Kriener, die schon kommenden Sonnabend im ZDF als seriöse "Kommissarin Lucas" zu sehen sein wird, sich haarfärbend im Morgenrock gesehen und beobachtet, wie Witwe Helga schlussendlich mitsägt? Thilo Wydra, Der Tagesspiegel, 27. Februar 2003 Polizeirätin
Schmücking und ihr Assistent
Screencaps aus dem Trailer, von Birte A. Danke. Ab in die Truhe "Männer häppchenweise", Schwarze Komödie von Vivian Naefe und Saskia Kuipers, Kamera: Peter Döttling, Produktion: Hofmann & Voges (ProSieben, 27.2., 20.15-22.15 Uhr) Männer schön portioniert zu genießen - welch reizvoller Gedanke! Was sich die Damenwelt da wohl aussuchen würde? Vorerst kommt nur ein prächtiger weißer Pudel in den Genuss. In dieser Komödie verspeist er täglich mit bestem Appetit durchgedrehtes Männerfleisch frisch aus der Tiefkühltruhe. Der Pudel wird dabei fett, und die in Heimarbeit Männer schlachtende Hausfrau Doris kommt mächtig ins Schwitzen und bald in arge Bedrängnis wegen zu viel Rohmaterial. Eigentlich sind alle Zutaten für eine schwarze Komödie vorhanden: Doris, eine ehemalige Prostituierte, wird durch Liebe auf den ersten Blick zur perfekten Hausfrau und Mutter zweier Kinder. Das Glück währt acht Jahre lang, dann zieht die Familie um in ein geerbtes Reihenhaus im Grünen. Nachbar Reinhart entpuppt sich als ihr ehemaliger Stammkunde mit speziellen Vorlieben: er Chirurg, sie Krankenschwester. Diese Spielchen will er nun bequem nachbarlich fortsetzen. Als er mit roter Reizwäsche kommt (warum nicht mit Schwesterntracht?) und sie zum Sex zwingen will, wehrt sich Doris. Reinhart fällt unglücklich, ist tot, sie versteckt ihn im Keller in der Truhe. Welch ein Glück, dass gleichzeitig ein Serienmörder sein Unwesen treibt, auch genannt der Mülltonnenmörder, weil er seine Opfer, rothaarige Frauen, kleinteilig in Mülltonnen entsorgt. Kommissar Forchert (Heinrich Schmieder) traut diesem Geschmackswechsel nicht, vermutet richtig einen Trittbrettfahrer und kommt der Wahrheit stetig näher. Als sich in einer Nacht der Frauenmörder und Doris die gleiche Mülltonne zur Beseitigung fester Opferbestandteile aussuchen, beide im Blaumann und mit Maske, findet der in Serie Tätige die Konkurrenz gar nicht witzig, sucht Doris in ihrem Keller heim und wird von ihr im Kampf erschlagen. Ab in die Truhe. Doris vertraut sich Reinharts Frau Helga an, die nach 25 Ehejahren sein Verschwinden so kommentiert: „Mein Mann, der geht mir eigentlich überhaupt nicht ab.“ Gemeinsam zerteilen, zersägen, zerschreddern die Frauen den Bösewicht, der im Hauptberuf Schuldirektor und Chef von Klaus war. Klaus ist der Mann von Doris und wahnsinnig lieb und nett. Die dritte Leiche ist dann die von Forchert, der wegen seiner fixen Idee, Doris sei eine Mörderin, in der Klapsmühle landete, dort ausbrach, schnurstracks zu Doris in ihren Keller rannte und nun im Handgemenge mit Klaus zu Tode kommt. Wie kommt Klaus in den Keller? Er lauscht den ganzen Film über an der Kellertür. Regisseurin Vivian Naefe erzählt aus der Rückblende. Das ist einer der Gründe, warum der Film nicht richtig in Schwung kommt, nie richtig "schwarz" wird, selten überraschend, kaum witzig oder gar irrwitzig. In einem Sammelsurium von Details und Nebenhandlungen verpufft die Wirkung. Anstatt die Grundsituation - Doris und Forchert im Keller - zu etablieren und dann zu vergessen, kommt die Regie sechsmal auf sie zurück. Zusätzlich wird die Stimme von Doris als erzählendes Moment eingesetzt. Komik wird viel zu oft äußerlich regelrecht angepappt. Doris, die ehemalige Prostituierte, wirtschaftet in Haus und Keller herum mit graublauer Wickelschürze und Kopftuch. So eingeschnürt hat Gruschenka Stevens eigentlich wenig Spielraum, aber dank ihrer schönen Natürlichkeit und ihrer vitalen Spielfreude schafft sie es, sich im Mittelpunkt zu behaupten und ihren Partner Arnd Klawitter (Klaus) voll an die Wand zu spielen. Bei Nachbar Reinhart (Hansa Czypionka) wurde an nichts gespart, um ihn so richtig fies zu kriegen: Schrebergartenlook, verschorfte Griefe am Mund, eklige brüchige Zähne, rotfleckiges Gesicht. Seine Frau Helga (Ulrike Kriener spielt hier wie unter Dampf) dagegen ist immer propper, adrett, und nach 25 Jahren mit dem Ekel noch sehr lebenslustig. Mit von der Partie ist auch eine hochrangige Lesbierin, die attraktive coole Chefin von Forchert (Katharina Müller-Elmau), die es ausgerechnet mit seiner Ex treibt. Man fragt sich auch immer wieder, warum Doris die beiden Kellerzugänge (außen und innen) fast nie abschließt. Da spaziert Forchert herein, der Mülltonnenmörder, die kleine Tochter und Helga. Die Antwort ist einfach: sonst ginge der Film nicht weiter. Das ganze Ambiente und alle Personen sind leider allzu bieder und brav. Wie auch die Kamera von Peter Döttling, der im zentralen Ort Keller jede riskante, schauerliche Einstellung scheute. Man traut sich was beim Thema, aber nicht bei den Mitteln. Kein Blut spritzt, kein Glied zuckt unterm Messer, keine Leiche stinkt. Plastikplanen decken die Schlachterei züchtig zu. Nur einmal klaut der Pudel eine schon skelettierte Hand. Ein bisschen mehr Grusel wäre bei dem Sujet doch wohl angebracht! Nur beim Sex, der vertrauten TV-Kost, bietet man etwas mehr. Anfangs ist ausgiebig zu sehen, wie Doris, noch in ihrem Gewerbe, als Krankenschwester den als Chirurg verkleideten Reinhart "bedient". Sex muss halt rein. Und die Ehe von Doris und Klaus sollte wohl davon sauber bleiben. Blieb sie auch. Bis auf eine Szene, in der Klaus Geschmack an Reizwäsche findet (aber bitte nur in unschuldigem Weiß!) und beide fröhlich Haschen spielen. Klar doch, dass Klaus ihr am Ende alles verzeiht und auch die alte spionierende Nachbarin mit Stock es toll findet, dass Doris einmal Hure war. Alles halt wohl portioniert und temperiert. Renate Stinn, epd medien Nr. 17, 5. März 2003
Trivia: Also hat der bayerische Saarbrücker Tatortkommissar Franz Kappl (Maximilian Brückner) sein Handwerk wirklich richtig gelernt, indem er 2002 der Polizeirätin Schmücking bei ihren Ermittlungen als Assistent zur Seite stand: Zum "Tatort" Eingang, Treppenhäuser und Gänge von Klaus' Schule sind, wie das Dienstgebäude der Gestapo im Wittelsbacher Palais bei "Sophie Scholl - die letzten Tage" (Marc Rothemund, 2005) der Thierschbau der Technischen Universität München in der Gabelsbergerstrasse.
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