Kai: Als du gehört hast, du sollst beim neuen Gerhard Polt Film mitspielen, was war da dein erster Gedanke?

Max: Gerhard hat mich selber angerufen. Ich war grad draußen beim Arbeiten. Mit der Gisela [Schneeberger] habe ich vorher bereits schon zusammen gearbeitet [in „Papa und Mama“]. Sie hat mich vorgeschlagen. Das hab ich natürlich nicht gewusst, und irgendwann klingelt das Telefon.

So etwas Absurdes habe ich noch nie erlebt. Man denkt überhaupt nicht an so etwas und plötzlich ist der Polt dran. Das war fast wie Kabarett. Er hat einfach so eine Art, wie er etwas formuliert.

Zunächst habe ich es nicht fassen können aber dann habe ich mich riesig gefreut: „Ich spiel beim Polt mit!“. Da es immer eine Zeit dauert bis ein Film zustande kommt, haben wir uns dann noch einmal getroffen und ich konnte mich langsam daran gewöhnen, dass ich mit dem Polt drehen darf. Das hätte ich nie geglaubt.

Evi: Und wie war‘s jetzt wirklich, mit der ganzen Vorfreude drauf, mit ihm zu arbeiten?

Max: Man sagt ja in jedem Interview: “Es war so toll“, aber das stimmt hier 100%ig. Gerhard ist erstens blitzgescheit, sehr angenehm und wahnsinnig höflich.

Obwohl wir das Ganze in 21 bzw. 22 Drehtagen durchgedreht haben - einen Kinofilm, wohlgemerkt - mit Nachtdrehs usw., war er immer höflich, immer nett zu jedem, ganz egal wer es war. Ein Dreh, bei dem man sagt: “So möchte ich es auch hinkriegen!“.

Auch schauspielerisch hat man keine Chance. (lacht) Da kommt man nicht ran. Das ist der Wahnsinn - das gibt es bloß einmal! Er lernt den Satz nicht auswendig, sondern weiß ungefähr was er sagen will. Man muss immer wach bleiben, um das Stichwort nicht zu verpassen. Er ist offen für alles, es ist ein Genuss. Und dann noch die anderen Schauspieler obendrauf, das waren lauter „Zuckerl“ nacheinander!

Kai: Und hast du dann auch mal das Lachen anfangen müssen beim Dreh?

Max: Ja freilich! Wenn man in der Rolle ist, kann man sich noch einigermaßen zusammenreißen, da man eine Haltung hat. Da ist man in der Figur. Toll ist es, dem Gerhard zu zuschauen. Er kann ein Telefonbuch vorlesen und man schmeißt sich weg vor Lachen, so als hätte er grade den größten Sketch aller Zeiten vorgelesen.

 

 

Die Szenerie ist bereitet - durch diese offene Türe wird der Brückner Max dann kommen.

 

 

Maximilian Brückner
im
Interview

mit EFi
für ‚gesucht wird : Maximilian Brückner‘

zusammen mit Kai von der Seite
Bayerische Kultserien und Kultfilme

 

anlässlich des bevorstehenden Kinostarts
von

„Und Äktschn!“
am 6. Februar 2014

 

dem neuen Film von Gerhard Polt
u.a. mit Gisela Schneeberger und
Maximilian Brückner

 

 

 

 
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kai: Gab es denn schon mal einen Abbruch von Szenen?
Max: Ich glaub schon, aber ich weiß das gar nicht mehr so genau. Es war schon relativ happig, das Ganze.
Evi: Manche Szenen, die waren ja ganz schön hart beim Sehen. Waren die es für euch beim Spielen auch so?

Max: Nein, überhaupt nicht. Das ist das Tolle an diesem Film; dir bleibt das Lachen im Hals stecken. Das ist eine Revue durch alle Generationen, die Haltung mit dieser Zeit, mit dieser Person Hitler. Es ist kein Film nur zum Schenkelklopfen, wo es einen Kalauer nach dem anderen gibt - im Gegenteil, er kommt von hinten.

Ich glaube, der Film wirkt relativ lange nach. Ich war fasziniert. Er ist nicht einfach und wird Streitigkeiten hervorrufen, weil manche vielleicht gar nicht verstehen, was da passiert. Aber ich find’s toll.

Evi: Ich hab ja gestern nach der Vorstellung mit ein paar Leuten geredet, und die waren ja alles von der Presse und die waren durchwegs der Meinung: „Des muss man erst mal sacken lassen und dann ist er gut.“

Max: Er ist gut. Aber es ist ein hartes Thema.

Evi: Wennst raus kommst, dann bist ja ned gut drauf, das dauert mindestens eine Viertelstunde.

Max: Es gibt meiner Meinung nach nur einen, der mit diesem Thema umgehen kann, und das ist der Polt. Er hat die Legitimität und die Intelligenz, mit so einem Thema umzugehen. Wir haben ein bisschen herumgebastelt, aber die Texte sind alle von ihm. Das hat alles er geschrieben.

Kai: Die Texte von Polt sind auch der Grund warum man seine Filme öfter anschauen kann oder auch muss.

Max: Der Mann hat halt einfach Niveau, ist intellektuell, das mischt sich bei dem so gut, finde ich. Das ist super.

Kai: So Figuren, die von Gerhard Polt gespielt werden, wie auch in dem Film, die trifft man meistens im echten Leben auch.

Max: Gerhard hat mal gesagt, er setzt sich ins Wirtshaus, und das meiste schnappt er auf und schreibt nur mit. Das macht es noch erschreckender, aber so etwas kann man sich nicht ausdenken.

Kai: Kennst du Menschen wie den Pospiech im Film?

Max: Klar, nicht 1 zu 1, aber solche Typen, die sagen: „Geh weida, über den Hitler kann ich jetzt nicht schimpfen, der hat ja auch gute Seiten“, diesen Mist höre ich immer wieder. Das sind meist Ältere, aus der Generation, die noch mit ihm zu tun hatte. Aber es ist ein schwieriges Thema, keiner aus unserer Generation war dabei, ich kann’s auch nicht sagen.

Kai: In dem Film spielst du ja seinen Neffen und bist ein Fan von Trash-Filmen. Gibt es da Gemeinsamkeiten mit dir privat?

Max: Ich weiß nicht ob das Trash ist: Ich habe gestern einen sehr lustigen Film über YouTube geschickt bekommen, in dem Tiere nachsynchronisiert werden, vielleicht ist das Trash? Aber ich hab jetzt mit der Figur relativ wenig zu tun - der ist ja nicht der Hellste, sagen wir mal so. Ich spiele die Generation, die das, was unter Hitler geschehen ist überhaupt nicht interessiert. Schnelles Auto, und bum-bum, Hauptsache es kracht und du kannst über jeden Mist lachen. Aber Gedanken macht er sich darüber überhaupt nicht.

Evi: Wie war das mit dem Autostunt? Er passt ja zur Rolle, aber ned so unbedingt zu dir.

Max: (sehr erstaunt): Autostunt?? Haben wir an Stunt gehabt?

Evi: Ja, da wo du das Auto so Vettel-mäßig im Kreis rumgehaut hast!


Alfons' Auto. Foto © bit

Max: Das Lustige, was ich immer so schätze, diese kleinen Produktionen, können sich meistens keinen Stuntman leisten. Das Ganze haben wir improvisiert. Wie auch die „Ohrwaschlnummer“ [ja, das Ohr ist noch dran!], die total schräg ist. Das war schon irr. Wir sind drei Stunden in Salzburg herumgelaufen und haben die Leute in gewisser Weise hereingelegt.

Evi: Ich weiß, eine Freundin von mir ist zufällig so zehn Meter hinter euch gelaufen und meinte, sie müsse die Polizei anrufen, weil du hast a bisserl gefährlich ausgeschaut. Irgendwann hat sie aber dann mich angerufen und gefragt, ob das der Maximilian Brückner sein könnte. „Ja, das könnte sein.“ „Dann rufe ich die Polizei nicht.“ „Ja, gute Idee.“ Du warst sehr echt, sehr in der Rolle!

Max: Das ist gut. Das freut mich doch! Das ist es, was die Rolle hergeben sollte, dann hat es ja funktioniert.

Evi: Aber bei dem Autostunt ...

Max: Das war doch kein Stunt! Ein bisschen bremsen und ein bisschen rumfahren, das macht Spaß und man bekommt sogar Geld dafür, das ist der Wahnsinn. Normalerweise kriegt man einen Strafzettel.

Kai: Du spielst doch immer relativ verschiedene Rollen in deinen Filmen, das ist dir schon wichtig?

Max: Das ist mir sehr wichtig, auch das Bayerische. Ich bin Bayer, durch und durch, da gibt’s keine Frage.

Aber mir ist das Hochdeutsche eben auch wichtig. Ich mag das gerne. Das dauert immer so 2 bis 3 Tage bis ich mich assimiliere.

Somit wird das Spektrum und die Auswahl größer. Ich denke, man kann ruhig Dialekt sprechen. Bei den Bayern wird man leider in eine Ecke gedrängt, das ist bei den anderen Bundesländern weniger so. Aber es funktioniert und da bin ich sehr froh. Es war aber ein langer Weg und ich schau, dass ich viele verschiedene Sachen mache.

Letztes Jahr habe ich tolle Sachen gedreht, vieles, das ich bis jetzt noch nicht gemacht  hatte. Und das macht Spaß.

Kai: Du magst es mal so mal so?

Max: Ich mag beides, damit man nicht gleich in so eine Schublade hineinpasst. Das ist ein Kampf und ab und zu ein Verzicht, dass ich sage, das mache ich jetzt nicht. Aber wie man hört, „i red Bayrisch“, aber deswegen kann ich andere Sachen auch.

Evi: Aber auf Hochdeutsch duast schon a bisserl „Kneedln“ ...

Max: Wenn man’s gewöhnt ist, dann ja. Letztens haben wir „Clara Immerwahr“ gedreht, ich spiele den Fritz Haber mit Vollglatze und habe beim Casting mit allen Bayrisch geredet, im Film aber Hochdeutsch.

Den Cutter, der den Film geschnitten hat [Paul Sedlecek], habe ich letztens auf einer Filmpremiere getroffen, und er fragte: „Bist du der ...? Ach was, du bist das?“. Ich habe mit ihm zuvor Bayrisch geredet. Dadurch hat er mich nicht erkannt. Dann ist es ihm langsam gedämmert: „Eine Stelle gibt es, da habe ich mich immer gewundert, wo kommt der her?“ Da ist anscheinend etwas, das hat man immer drin.

Ich habe dann „München Mord“ direkt danach gedreht, mit dem Alexander Held. Da werden einige blöd schauen, weil ich in einem bayerischen Film Hochdeutsch spiele. Aber es hätte nicht gepasst, da meine „Film-Schwester“ sehr Hochdeutsch spricht.

Evi: Aber so ist’s doch viel besser, da ist dann ein Knack, ganz anders.

Max: Genau. Das hat sich einfach so ergeben. Das glaubt sonst kein Mensch, dass wir Geschwister sind. Dann musste ich halt schnell umschalten, aber das geht schon. Und einen leichten Münchner Slang kannst ja hineinlegen (lacht). Isarpreussen - ich muss mich nicht ganz so verstellen.

Kai: Du spielst im Brandner Kaspar [und das ewig‘ Leben am Münchner Volkstheater] noch?

Max: Ja.

Kai: Und Theaterregisseur?

Max: Ja, versuchsweise (lacht).

Kai: Du bist sehr gefragt für Fernseh- und Kinofilme; ist das grad recht stressig bei dir?

Max: Normalerweise hätte das alles sehr gut gepasst, aber wir haben daheim auch viel Arbeit. Ich genieße das. Du weißt nie für was das gut ist. Du musst dir immer wieder sagen, wenn etwas nicht funktioniert hat: „Es kommt genau so wie es Der Oben gemeint hat.“ Manchmal ist es schwer zu glauben. Man muss es sich halt schön reden.

Evi: Es schadet ja nicht, wenn du mal durchschnaufen kannst.

Max: Ja, das passt schon. Man packt so viel. Ich muss immer lachen; man jammert so schnell und dabei ist so viel möglich. Da müssen andere Leute in anderen Ländern ganz andere Sachen aushalten. Da kann man froh sein, dass man arbeiten kann, auch in Deutschland. Als Schauspieler wenn man was zu tun hat, soll man still sein.

Evi: Und dann hast‘ ja noch die Berlinale vor dir, oder?

Max: Aber nur zwei Tage bin ich dort.

Evi: Aber bittschön, renn' nicht wieder am roten Teppich vorbei!

Max: Ich glaub, ich bin auf keinem roten Teppich.

Evi: Das Thema hatten wir ja schon mal.

Max (lacht): Ich werd‘ nächstes Mal aufpassen. Ich komm mir nur immer so blöd vor.

Evi: Wie sollen die dich dann kennenlernen? (lacht)

Max (lacht wieder): Ich häng mir dann vielleicht ein Schild mit Namen um: ‚Wissen Sie eigentlich wer ich bin?‘

Evi: So wie bei den Fotos vom Shooting Star, wo ihr alle Schilder mit Namen um den Hals hattet.

Max (lacht noch mehr): Ja genau!

Kai: Roter Teppich ist jetzt nicht so deins?

Max: Doch, das ist die Anerkennung, und ein bisschen Glitzer und Glamour schadet nicht. Natürlich ist das schön und tut der Seele gut. Es wäre verlogen, wenn man sagt, das ist nicht so. Ich weiß bloß nicht wie ich bei den Fotos schauen soll. Beim Film hast du wenigstens eine Rolle oder eine Haltung.

Evi: Dann nimmst halt deine Lieblingsfigur ein - ich hoffe, das ist nicht gerade Mickey Mouse!

Kai: Bleiben wir noch ein bisschen bei der bayerischen Film- und Serienlandschaft. Da trauern die Leute immer noch den großen Namen hinterher, die ja alle schon nicht mehr leben, wie Gustl Bayrhammer, Toni Berger, Helmut Fischer. Ehrt es dich, wenn die Leute sagen: Der Maximilian Brückner ist eigentlich wieder so einer, der in die Riege vielleicht reinkommen könnt?

Max: Das hat noch keiner zu mir gesagt. Aber wenn es jemand sagen würde, auf alle Fälle, weil ich mich immer als Volksschauspieler sehe. Ich finde grundsätzlich und habe es schon ein paarmal gesagt, dass ein Schauspieler immer fürs Volk spielt. Für wen soll er es sonst machen? Nur für die Kunst, da würde es eng. Ich find, das ist etwas Schönes, und vor allem mit Gustl Bayrhammer und Hans Brenner hätte ich wahnsinnig gern gedreht. Aber die habe ich grad so verpasst. Aber jetzt habe ich den Gerhard, das ist für mich ganz was Tolles.

Es gab mal eine Phase wo es eher peinlich war, dass man „Bayrisch“ war, Lederhosen und Tracht trägt. Das hat eine Renaissance erlebt.

Kai: Das hat man mit Rosenmüller erlebt.

Max: Ja genau, der hat die Welle angestoßen.

Kai: Wo du auch dabei warst.

Max: Ja, eine ganz kleine Rolle.

Kai: Wie beurteilst du die bayerische Filmlandschaft jetzt so? In den 90er Jahren war es der Jodelsepp und mittlerweile ist das wieder eine gute Komik.

Max: Da kommt ja ganz viel. Man muss weiterschauen was man ausreizen kann, z.B. könnte der österreichische Film für den bayerischen ein gutes Vorbild sein. In gewisser Weise wie der Polt-Film, der in diese Richtung geht, und der einfach ein bisschen bösartiger ist. So was kann ich mir noch vorstellen. Aber ansonsten läuft das ja wunderbar. Man muss halt einfach auch nach neuen Wegen schauen. Es ist alles möglich, aber man kann durchaus wieder Bayrisch reden im Film.

Evi: Apropos ‚neue Wege‘, was kommt jetzt dann nach der Pause? Nach der Berlinale?

Max: Danach drehe ich zusammen mit Flo [Florian Brückner, seinem Bruder] einen historischen Film, eine kleine Rolle.

Kai: Ich hätt’ noch eine Frage, die ich stellen muss: Gibt’s für dich eine bayrische Lieblingsserie oder Lieblingsfilm?, wurscht ob du jetzt selber mitgespielt hast oder nicht.

Max: Einer der schönsten Filme ist immer noch „Herbstmilch“ [von Josef Vilsmaier, 1989] und als Serie „Irgendwie und sowieso“ [von Franz Xaver Bogner, 1986], weil das so anarchisch war und es da mal wieder hingehen könnte.

Evi: Danke für deine Zeit und‘s Gespräch!

Vielen Dank an den Brückner Max für dieses ausführliche Interview, und an die Damen der Limelight Presseagentur, die es ermöglicht haben!

 

Anmerkung: Dieses Interview wurde auf Bayerisch geführt, aber zur Verbesserung der Verständlichkeit eingedeutscht.
Design: rg/3. Februar 2014
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