Allein  (2004)

Premiere: 28.10.2004, 38. Hofer Filmtage
Zweit-Premiere: 19.01.2005, Max Ophüls Festival
Kinostart Deutschland: 28.07.2005
Erstsendung: 24.08.2006, ARD
Berlin & Beyond Festival, San Francisco, USA  13.01.2005
International Film Festival Rotterdam, Holland  01.02.2005
Seattle International Film Festival, USA  29.05.2005
Karlovy Vary Filmfestival, Tschech. Republik  01.07.2005
Helsinki International Film Festival, Finnland  16.09.2005

Jan bewacht die schlafende Maria


Besetzung:
Lavinia Wilson - Maria
Maximilian Brückner - Jan
Richy Müller - Wolfgang
Victoria Mayer - Sarah
Tobias van Dieken - Nico
Holger Kunkel - Rasmus
Peter Fieseler - Yuppie
Daniel Drewes - Taxifahrer
Stab:
Drehbuch und Regie: Thomas Durchschlag
Kamera: Michael Wiesweg
Produzent: Joachim Ortmanns
Redaktion WDR: Michael André
Musik: Maciej Sledziecki
Schnitt: Ingo Ehrlich
Szenenbild: Sonja Ilius
Kostüme: Ute Paffendorf
Maske: Frauke Horn
Casting: Anja Dihrberg
Produktionsfirma: Lichtblick Film- und Fernsehproduktion
Finanzierung: Filmstiftung NRW (400.000 Euro)
Drehzeit: 13.5. - 17.6. 2004
Drehorte: Essen, Uni Duisburg-Essen, Wuppertal, Zoologischer Garten Wuppertal, 1 Tag am Strand von Katwijk (Niederlande)

Inhalt:
Thomas Durchschlags berührendes Portrait einer jungen Frau.
Die junge Studentin Maria (Lavinia Wilson) führt ein Leben, das geprägt ist von der Sucht nach Nähe, von Exzessen mit Sex, Tabletten, Alkohol und dem Hang zur Selbstzerstörung. Ihr größter Feind ist das Alleinsein, das sie in der Affäre zum älteren Wolfgang (Richy Müller) und zahlreichen One-Night-Stands zu vermeiden sucht.
Eines Tages lernt sie an ihrem Arbeitsplatz in der Universitätsbibliothek Jan (Maximilian Brückner), einen Studenten der Tiermedizin, kennen und spürt, dass diese Beziehung eine andere ist als die bisher erlebten. Maria spürt, dass es sich bei dieser anbahnenden Beziehung zum ersten Mal in ihrem Leben um eine aufrichtige und ehrliche Liebe handeln könnte. Sie entwickelt den Wunsch, mit ihrem alten Leben zu brechen, weiß aber nicht, wie das gehen soll. Aus dem Wunsch heraus, ihre instabile Lebensweise vor Jan zu verbergen, verschweigt sie ihm ihr Innerstes und stellt so sein Vertrauen auf eine harte Probe.

Trailer
Filmausschnitte mit Kommentar der FAZ vom 27.07.2005
Standphotos auf der Webseite der Produktionsfirma Lichtblick Film


Pressetermin am 8. Juni 2004 in Essen

Maximilian Brückner, Lavinia Wilson, Richy Müller




Auszeichnungen:
Max Ophüls Preis 2005 für Lavinia Wilson als 'Beste Nachwuchsdarstellerin' und Interfilm-Preis für den Film
Nominiert für den Tiger Award beim Rotterdam International Filmfestival 2005
Nominiert für den Adolf-Grimme-Preis, Kategorie Spielfilm 2007
---

Sog der Konsequenz
von Oliver Baumgarten
Ein kahler, sandiger Hügel, auf dessen Plateau eine schlichte wuchtige Stahlskulptur gen Himmel ragt, die von Richard Serra erschaffene Stahl-Bramme auf der Schurenbachhalde. "Sieht aus wie ein UFO-Landeplatz", sagt Jan einmal über diesen Ort, dessen scheinbare Grenzenlosigkeit für Maria ein Refugium bietet. Mit dem massiven Stahl im Rücken hockt sie dort manchmal für sich - allein mit der Welt. Aber immerhin nicht allein.
Unten in der Stadt quält sie die ständige Angst vor dem Alleinsein, sie betäubt sich mit Schnaps und Pillen und gaukelt ihrer wehen Seele durch schnellen Sex für die Dauer eines kurzen Moments Nähe und Zuneigung vor. Ihr Pendel schlägt beständig unkontrolliert aus, erst recht, als mit Jan ein Mann in ihr Leben tritt, zu dem sich erstmals echte Liebe entwickelt. Grenzenlosigkeit und Selbstgeißelung hat ihr Selbstbild zur häßlichen Fratze verzerrt. Immer wieder starrt Maria in den Spiegel - eine Antwort findet sie nicht.
So nackt und schutzlos, wie sich Marias Innenleben darbietet, so unverziert und bar jeder Anbiederung an die Bequemlichkeit visueller Gewohnheiten ist ihre Geschichte illustriert. Fast analytisch folgt die Kamera Michael Wieswegs den Szenen und formuliert in ihrer Mischung aus Nähe und Distanz eine einnehmende Subjektivität. Frei von jeglicher artifiziellen Hüftsteife entwickeln die überwiegend langen Einstellungen einen faszinierenden Sog, weil sie - zum Teil auch über die Kadergrenzen hinweg - die Handlung nicht bloß illustrieren, sondern die Geschichte bis in ihre Tiefe ausloten.
Möglich ist dies auch dank der in jedem Augenblick glaubhaften Lavinia Wilson, die Marias Stimmungswechsel in aller Konsequenz zu tragen versteht und die Figur über die simple Erzählebene hinweg beängstigend präzise kommuniziert. Das, was der Dialog dankenswerter Weise ausläßt, vermittelt sich so durch das Spiel der Darsteller, dem insistierenden Blick der Kamera und dem rhythmischen Feingefühl des Editors.
Thomas Durchschlags Debüt ist beseelt von dem Mut, die Gestaltung des Films der Figur und ihrer Geschichte komplett unterzuordnen. In "Allein" gibt es keinen Moment, der nach faulem Kompromiß riecht, und keine Entscheidung, die nach bloßer Konvention gefällt scheint. Und das heißt keineswegs, daß "Allein" etwa schlechter konsumierbar oder irgendwie ästhetisch durchschlagend innovativ wäre. Der Film ist einfach so radikal wie es seine Figur vorgibt und so ehrlich wie es die Geschichte vorschreibt. Und das ist es doch, was Konsequenz im Film bedeutet: das Umsetzen einer Vision ohne Abrieb am Kompromiß.
Schnitt #39, 2005

Berlin and Beyond
Alone - Allein (Germany)
by Dennis Harvey
A Lichtblick Film production in association with WDR. Produced by Joachim Ortmanns. Directed, written by Thomas Durchschlag.
With: Lavinia Wilson, Maximilian Bruckner, Richy Muller, Victoria Mayer.
An admirably direct, unsensationalized study of mental illness, "Alone" follows the deterioration of a high-strung young woman whose manic promiscuity and chemical intake appear to have been emitted from a volcano of self-destructive self-loathing. Terse pic only gradually reveals the depth of protag's instability, making for a potent portrait that errs only in rambling on too long once she's hit bottom. Debut feature for writer-helmer Thomas Durchschlag is a strong fest item whose exploitable (but not exploitative) sexual content could prove a sales point for select arthouse distribbers.
Pretty but thin and nervous as a greyhound, Maria (Lavinia Wilson) works at a university library by day, chafing against her boorish boss. By night she roams the club scene, picking up guys for sex, then leaving them in the middle of the night. Her standard appears to have been set by regular visits from Wolfgang (Richy Muller), a brawny sugar daddy who suggests rough sex is just what Maria needs, wants, and presumably deserves.
Her obvious substance abuse and low self-esteem dawn very slowly on Jan (Maximilian Bruckner), a genuinely nice visiting graduate student who is smitten with Maria. Maria's neediness and impulsiveness that at first seem endearing grow less so as her irrational mood swings, paranoia and unreasonable demands begin to dominate their relationship.
When Jan leaves for a week's study in Amsterdam, Maria reverts to her most self-destructive behavior despite attempted intervention from best friend Sarah (Victoria Mayer). Once she hits bottom, however, the film loses momentum, piling on a few more reckless incidents than necessary before ending on the anticipated ambiguous note.
The extent of Maria's illness is revealed by present-tense behavior rather than verbal explanation. This tactic works well, as it did in such recent meltdown portraits as "Presque Rein" and "Tim White." Still, some viewers may be frustrated by lack of character backstory.
Very focused perfs, screenplay, and coolly efficient design all bring queasy credibility to a theme that might easily have descended into scenery-chewing theatrics, or "Looking for Mr. Goodbar"-style moralizing.
Camera (color), Michael Wiesweg; editor, Inga Ehrlich; music, Maciej Sledziecki; production designer, Sonja Illius; art director, Ute Paffendorf; sound (Dolby Digital), Andreas Wolki; casting, Anja Dihrberg.
Reviewed at Berlin & Beyond Film Festival, San Francisco Jan. 7, 2005. Running time: 88 min.
Variety, Posted: Mon., Jan. 17, 2005, 6:50pm PT ; Date in print: Mon., Feb. 14, 2005





Eintagslieben - Bis an die Grenzen: Thomas Durchschlags sensibles Debüt "Allein"
von Jan Schulz-Ojala
Sie ist eine Aufreißerin. Blasses, hungriges Mädchen: Nachtwärts aufgebrezelt, stürmt sie die Disco, das feine Gesicht fast verschwunden hinter der Geschlechterkriegsbemalung. Schnell stürzt sie was runter am Tresen, und dann Eintauchen in den nächstbesten Kuss. Reden vorher, ach was, reden.
Sie ist eine Rausschmeißerin. Wenn es dämmert in ihrem Zimmerchen, und der erste Postkoitalschlaf ist auch schon vorbei, dann setzt sie sich auf. Der Nackte da neben ihr: fremd. Reden nachher, ach was, reden, nur aufwecken den Mann und die übliche Silbengymnastik: "Okay, es reicht jetzt. Du verschwindest." Und wenn er rummault, dann lauter noch: "Alles klar, Mann? Verschwinde."
Ein Eintagsliebenleben führt Maria (Lavinia Wilson), ein Einenachtliegenleben mit immer wieder anderen Männern, und Wolfgang (Richy Müller) ist auch dabei. Ja gut, Wolfgang kommt öfter mal vor, aber dafür ist er auch schon bisschen älter und kauft ihr Klamotten. Nur - gelöscht wird er jedesmal genauso wie die anderen, sobald er weg ist, "also dann bis Donnerstag", ja gut also, bis Donnerstag dann. Dazwischen sind genug Nächte für den und den oder auch den, egal jetzt, Hauptsache egal.
Eigentlich ist Maria Studentin in Essen, aber was sie studiert, weiß sie wohl selber nicht mehr so genau. Eigentlich jobbt sie in der Uni-Bibliothek, aber da kommt sie oft zu spät, weil sie bisschen viel trinkt nachts und auch schon mal tagsüber und immer wieder Muntermach-Tabletten oder so was Ähnliches schluckt. Manchmal beißt sie an ihren Nägeln rum, und manchmal nimmt sie die Rasierklinge aus dem Badezimmerspiegelschrank und macht sich ein paar Schnitte wie probeweise hier und da. Tut’s noch weh, das Leben? Weniger und weniger, das immerhin.
"Borderline" nennt man die auf den ersten Blick oft nicht besonders auffällige psychische Deformation vor allem junger Frauen, die immer häufiger so leben: rausgeschossen aus irgendeiner Mitte schon früh und langsam an ihre Grenze taumelnd bis zur Gesprächsunfähigkeit, zur Selbstverstümmelung, manchmal zum Tod. Was als Genuss anzufangen scheint, ist bald Exzess und schließlich bloß Zwang - nur wenn man aufhören will mit dem ganzen Sichzuknallen aus Sex und Sauferei, was wäre denn dann ohne das alles und allein? Der Kölner Filmschulabsolvent Thomas Durchschlag hat mit "Allein" einen anrührenden und präzisen Film über eine junge "Borderline"-Frau gemacht - aber vergessen wir das gleich wieder, denn "Allein" ist viel mehr als nur der Film zum Symptom. "Allein" erzählt vor allem von der grässlich quälenden Sehnsucht nach Liebe.
"Ich hab' jetzt den Jan", sagt Maria zu ihrer besten - oder einzigen? - Freundin Sarah (Victoria Mayer), die sie an ihren Termin beim Therapeuten erinnert. Der Jan (Maximilian Brückner) ist ein ganz Lieber: angehender Tierarzt, Famulantenpraktikum im Wuppertaler Zoo, bei den Schimpansen. Ein ganz Süßer ist der Jan, ein ganz Braver auch, der Maria Geborgenheit gibt, das fühlt sie gleich; aber eben auch einer, der sie nicht versteht, nicht verstehen kann. Denn Maria hat Angst: immer größere Verlustangst, sich ihm in ihrem lebens- und liebesfeindlichen Andersgewordensein zu erklären.
"Allein" ist ein Kammerspiel. Maria, dazu drei andere Leute, ihre ums Lotterbett gebaute Kammer mit fast ironisch romantischem Sonnenuntergangsposter - und daneben das Nachttischchen, von dem sie immer wieder mal plötzlich Lesekram und Lampe und leere Wodkagläser fegt. Auch der Himmel, meist grau, ist nur eine hohe Decke über Marias Seelendruckkammer; sogar dieser Himmel oben über dem riesigen, wie aus Kubricks "2001" gefallenen Stahl-Monolithen auf der Abraumhalde ist nix für Verliebte - da mögen Paare ihre Herzensinitialen noch so sehr in den Rost ritzen. Hier küsst man sich zum ersten Mal, sofern man sich ein bisschen was aufgespart hat nach der Disco. Hier nimmt man Abschied. Hier traut man sich vielleicht zum ersten Mal, allein zu sein.
Natürlich ist das vor allem der Film der Lavinia Wilson, die sich - nach Christoph Starks "Julietta" - wieder in eine extreme Hauptrolle stürzt: ein Gesicht, das Erloschenheit bedeuten und ebenso heftig leuchten kann, eine Körpersprache, die von Abwehr bis zitterndem Lebenshunger das ganze Liebes- und Lieblosigkeitsalphabet herunterbuchstabiert.
Aber was wäre Wilsons Spiel ohne den souverän zurückgenommen agierenden Maximilian Brückner: Grausam schön wird Schrecken erst, wenn jemand da ist, der ihn nicht begreift.
Der Tagesspiegel, 28.07.2005
Brachland der Seelen
von Eberhard v. Elterlein
Brachland. Draußen vor der Stadt. Eine Wand steht da allein, windumtost. Liebesschwüre sind drauf gepinselt, Herzen und Namen. Verheißungen auf Stein. Die Liebe ist ein hartes Geschäft. Umtost von Stürmen aus der Tiefe der Seele. Maria (Lavinia Wilson) lehnt sich gern an diese Wand. Da draußen. Sonst ist sie immer drinnen, bei sich. Und schaut unter einer hohen Stirn vor dem Badezimmerspiegel auf eine Rasierklinge. Bisweilen landet diese auf dem Unterarm, als Markierung einer Verwundeten, ein roter Strich auf der Haut für jeden Mann - vielleicht -, den sie sich ins Bett holt, die Studentin auf der Flucht vor dem Alleinsein. Wolfgang (Richy Müller) mit den Fesselspielchen etwa und den Typen aus der Disco. Kurzer Kick in der Nacht und dann die postkoitale Tristesse am Morgen, immer und immer wieder. Bis Jan (Maximilian Brückner) kommt, ein anderer Student, ein Netter, der Affen in Gehegen studiert und bald auch Maria, dieses Liebes-Brachland.
"Allein" ist ein wunderschöner Film. Weil er wie ein Sofa ist. Man ruht sich darin aus. In der Musik, die aus dem Off tröpfelt. In den geschmackvollen Bildkompositionen, die (obwohl vom WDR im Rahmen der Debütreihe" Sixpack" mitproduziert) weitgehend frei von Fernsehspielästhetik sind und vorwiegend stimmige, karge Innen- und Außenräume zeigen. Für das Brachland der Seelen, das Regisseur Thomas Durchschlag hier durchwandert wie ein Beobachter, der sich wohlfühlt in einer gewissen Halbdistanz. Der sich nahe genug an seine Figur herantraut, um ihre ganze Verwundbarkeit und Orientierungslosigkeit zu zeigen. Um es sich in dieser sicheren Position aber auch wieder sehr bequem zu machen. Denn dieser Film ist kein Therapie-Sofa. Warum Maria so ist, wie sie ist, erfahren wir nur in Ansätzen. "Ich bin anders als die Anderen", sagt Maria zu Jan. Studienobjekt Maria. Sie wird es bleiben den ganzen Film hindurch. Eine leidende Oberfläche. Ohne nähere Erklärungen. Diese versagt sie dem Jan und der Regisseur uns Zuschauern. Sie passen nicht ins Kuschelkonzept des Films. Weil der Regisseur lieber Stille und Schwere inszeniert. Weil Lavinia Wilson Platz braucht, um (überzeugend) leidend auszusehen.
"Allein" ist ein schöner Film, keine Frage. Doch er ist reine, glatte Fläche, die widerborstiger sein will als sie ist. Keine Hintergründe, die wehtun. Nur Bilder voller Bedeutung. Auch der Zuschauer bleibt letztlich allein.  - Bewertung 2
Berliner Morgenpost, 28.07.2005


DVD-Veröffentlichungstermin: 7.April 2006
Format: Dolby, PAL, Surround Sound ; Region 2
Sprache: Deutsch (Dolby Digital 2.0 Surround), Deutsch (Dolby Digital 5.1)
Extras: Originaltrailer (1:09 Min.); ein Interview mit Dr. C.-H. Lammers zum Thema Borderline (31:27 Min.); eine Dokumentation zum Film (26:04 Min.), über die Entstehung des Filmes, Interviews mit Thomas Durchschlag und Lavinia Wilson, Hintergründe und Reaktionen; 3 Programmtipps


Lavinia Wilson mimt im ARD-Psychodrama "Allein" eine Borderline-Kranke
von ddp-Korrespondent Reinhard Kleber
München (ddp).  Lavinia Wilson, Maximilian Brückner und Richy Müller bilden ein fulminantes Liebestrio in "Allein", dem Langfilmdebüt von Regisseur Thomas Durchschlag. Das Filmporträt über eine Frau in einer existenziellen Grenzsituation hat bereits auf einigen Filmfestivals Furore gemacht. Am Donnerstag strahlt das Erste um 23.15 Uhr die subtile Charakterstudie aus, die Wilson beim Festival Max Ophüls-Preis die Auszeichnung als beste Nachwuchsdarstellerin einbrachte.
Das Leben der 25-jährigen Studentin Maria (Wilson) ist geprägt durch die Sucht nach Nähe einerseits und Exzesse mit Sex, Tabletten und Alkohol andererseits. Maria tut alles und lässt alles mit sich machen, um nicht allein zu sein. So sollen auch die Affäre mit dem 40-jährigen Wolfgang (Müller) und mehrere One-Night-Stands gegen die Einsamkeit helfen. Als sie in der Uni-Bibliothek durch den fast gleichaltrigen Tierarzt-Studenten Jan (Brückner) zum ersten Mal eine aufrichtige Liebe kennen lernt, bricht das Kartenhaus ihres Lebens zusammen.
Trotz einiger Rückschläge versucht sie energisch, ihr Leben radikal zu ändern, um diese kostbare Liebe nicht zu verlieren. Indem sie ihre Vergangenheit auf Biegen und Brechen vor Jan geheim halten will, steuert sie jedoch auf eine Katastrophe zu.
Das Drehbuch zu diesem Psychodrama, das die Kölner Produktionsfirma Lichtblick Film für die WDR-Nachwuchsreihe "Sixpack" realisierte, schrieb der Regisseur Thomas Durchschlag, der 1974 in Oberhausen geboren wurde, selbst. Der junge Filmemacher war drei Jahre lang als freier Fotograf tätig, ehe er ein Postgraduierten-Studium an der Kölner Kunsthochschule für Medien absolvierte.
Für einen Erstlingsfilm ist es Durchschlag, der zuvor nur einige Kurzfilme gedreht hat, erstaunlich gut gelungen, sich in die Psyche einer jungen Frau hinzuversetzen, die an einer Borderline-Persönlichkeitsstörung leidet. Trotz des schmalen Budgets und einer gewissen inszenatorischen Sperrigkeit schafft es das geschickt verdichtete Psychodrama, das Publikum zu faszinieren und emotional zu packen. Auf unprätentiöse Weise mahnt "Allein" die Zuschauer zugleich, auch keine vorschnellen Urteile über Mitmenschen zu fällen, die es einem durch schwer verständliche Handlungsweisen erst mal nicht leicht machen.
Die komplexe Rolle der beziehungsgestörten und psychisch angeschlagenen Bibliothekarin Maria vertraute Durchschlag der jungen Lavinia Wilson an, die zuvor ihr Talent in dem Psychodrama "Schussangst" von Dito Tsintsadze gezeigt hat. Auch dort verkörperte sie bravourös eine schwierige Figur. Diesmal trägt sie den Film sogar fast allein auf ihren schmalen Schultern. Umso verwunderlicher, dass man dieses schauspielerische Spitzentalent nicht häufiger auf den Bildschirmen sieht.
Als ehrlicher Student und Verehrer müht sich Maximilian Brückner ab - ein junger Münchner Schauspieler, der hier gleichsam als ruhender Gegenpol zur sprunghaften Protagonistin fungiert. Gewohnt souverän gibt Richy Müller den verführerischen Zyniker Wolfgang.
Meldung vom Tage, 18.08.2006

"Die Gier, geliebt zu werden" - Interview mit Lavinia Wilson über die Herausforderungen dieser Rolle, anlässlich der Wiederaufführung des Films bei 60. Filmkunstwochen München 2012 im Neuen Rottmann in der Reihe "Psychiatrie im Film".
Süddeutsche Zeitung, 20.08.2012

Seite erstellt am 17. Juli 2009 von EFi, ergänzt am 20.08.2012
zurück
zum Film

zurück zu
gesucht wird : Maximilian Brückner