Drehstart für "Laufen" Unter der Regie von Rainer Kaufmann entsteht derzeit in Hamburg und Umgebung für das ZDF das Drama „Laufen“ nach dem gleichnamigen Roman von Isabel Bogdan und dem Drehbuch von Silke Zertz. In einem Abgrund von Trauer steckt die Musikerin Juliane Hansen (Anna Schudt) nach dem Tod ihres Lebensgefährten Johann König (Maximilian Brückner). Mechanisch verrichtet sie ihre Arbeit als Cellistin in ihrem Orchester, sie lebt isoliert und einsam, nur ihre beste Freundin Rieke Brandt (Katharina Wackernagel) ist an ihrer Seite. Nach einem Jahr jedoch beginnt sie, die Lähmung zu überwinden und sich selbst zu befreien: Sie holt ihre alten Schuhe heraus und beginnt zu laufen. Als ob sie Beton an den Füßen hätte, so kommt es Juliane vor, als sie sich zum ersten Mal auf die Strecke begibt. Japsend, ganz und gar nicht fit, sich selbst und die Welt verfluchend, setzt sie sich in Bewegung. Ihre Laufstrecke in einem Hamburger Park erscheint ihr als kaum schaffbare Herausforderung, jeder Schritt ist eine Qual. Und das nicht nur, weil sie als traurige Couchkartoffel ihr Leben fristet und ihr Körper streikt. Sondern weil Juliane sich beim Laufen dem Strom ihrer Gedanken aussetzt und sich ihrer Geschichte mit Johann stellt. Ungefragt und bruchstückhaft tauchen Erinnerungen auf, an romantisch-verspielte Momente mit ihm, aber auch an seine Krankheit, die Konflikte, an die Sollbruchstellen ihrer Beziehung. Es ist Julianes Wut, die sie immer wieder antreibt: Wut auf Johanns Eltern (Gaby Dohm und Michael Abendroth), die scheinbar empathielos Johanns Nachlass verwalten, Wut auf gedankenlose Kollegen, Wut vor allem auf sich selbst und die quälenden Gedankenschleifen des Hätte-Wäre-Wenn. Schritt für Schritt wird Juliane stärker, fitter, das Japsen des Anfangs weicht ruhigem Atmen, Kilometer für Kilometer läuft sie sich frei und nähert sich dabei dem Unaussprechlichen, den grausamen Umständen von Johanns Tod. In weiteren Rollen spielen Kai Schumann, Victoria Trauttmansdorff, Heike Schuch, Dominik Maringer, Simon Kluth, Robin Sondermann u.v.a. Casting Marion Haack | Kamera Martin Farkas| Szenenbild Iris Trescher-Lorenz | Kostüm Lucie Bates | Maske Daniel Schröder, Bothilla Bergschmidt | Schnitt Eva Schnare, Angela Tippel | Komponist Richard Ruzicka | Produktionsleitung Peter Nawrotzki | Produzentin Heike Wiehle-Timm Verantwortliche Redakteurin beim ZDF ist Solveig Cornelisen. Die Dreharbeiten dauern bis Ende Oktober 2021. Ein Sendetermin steht noch nicht fest. Quelle: Webseite der Produktionsfirma Relevant Film
Anna Schudt: Das war’s. Wrap. ausgelaufen. abgelaufen. was für eine irre Erfahrung.. Danke! @relevant_film @isabogdan @silke_zertz @martinfarkasoriginal kamerawundermann #rainerkaufmann regieherz #danielschröder makeupartist @katharinawackernagel beste Juliane-Freundin ❤️ @bruecknermaximilian #luciebates @wiehletimm @schlag_agentur @needagency @zdfmediathek #film #tv #actress #actorslife #reiselust #neuewege #newexperience #hamburg #liebe. Quelle: Instagram, 29.10.2021 Regie: Rainer Kaufmann ; Cast: Anna Schudt, Katharina Wackernagel, Maximilian Brückner, Gaby Dohm, Michael Abendroth, Kai Schumann, Victoria Trauttmansdorff, Robin Sondermann u.a. ; Drehbuch: Silke Zertz, nach der Romanvorlage von Isabel Bogdan ; Deutschland 2022, 88 min ; Sprache: deutsch, Originalfassung ; ET: Running ; 18+ Ungewöhnlich kitschfreie und unsentimentale Trauerbewältigung. Ein ganzes Jahr hat es gedauert, bis Musikerin Juliane Hansen (Anna Schudt) erstmals wieder die Laufschuhe anzieht. Ein Jahr, nachdem ihr Lebensgefährte Johann König (Maximilian Brückner) sich das Leben nahm. Obwohl ihre Freundin Rieke (Katharina Wackernagel) sie nach Kräften stützt, fühlt Juliane sich einsam, antriebslos – und beginnt nun, laufend und keuchend, sich ihren ständig um Johann kreiselnden Gedanken zu stellen und neue Lebendigkeit zuzulassen. Quelle "Running": An unconventionally kitsch-free and unsentimental treatment of coping with grief. A whole year went by before musician Juliane Hansen was able to put her running shoes back on — a year after her partner, Johann König, took his own life. Although her friend Rieke offers all the support she can, Juliane feels lonely and listless. Now, running and panting, she begins to confront her thoughts, which constantly revolve around Johann, and to allow new vitality to enter her life. Source
München – Sie dreht und dreht und dreht! Die große Schauspielerin Gaby Dohm ("Die Schwarzwaldklinik", "Das Traumschiff") ist auch in diesem Jahr wieder im TV zu sehen! Am 24. April (20:15 Uhr) zeigt das ZDF das großartig besetzte Drama "Laufen" von Rainer Kaufmann (Regie) und Silke Zertz (Drehbuch), nach dem gleichnamigen Roman von Isabel Bogdan. Dohm spielt Ute König, die Mutter des Selbstmörders Johann König (dargestellt von Maximilian Brückner), die seiner Lebensgefährtin Juliane (Anna Schudt) schwere Vorwürfe macht. Weil sie doch hätte wissen müssen, wie schlecht es ihm geht. Den Vater des Toten spielt der in München aufgewachsene "Wilsberg"-Star Michael Abendroth. Hauptcharakter Juliane beginnt ein Jahr nach dem Suizid ihres Lebensgefährten mit dem Laufen. Japsend, sich und die Welt verfluchend, erläuft sie sich ein neues Leben. Ein Wechselbad der Gefühle: es treten dabei immer wieder, ungefragt, die romantisch-verspielten Momente mit ihm auf, aber auch die Wut, die sie immer wieder packt, weil er sie im Stich gelassen hat... Gaby Dohm, die 2022 den Bayerischen Verdienstorden von MP Markus Söder bekam, über ihre Rolle zu BILD: „Es ist eine sehr schöne Nebenrolle. In meinem Alter gibt es nicht mehr so viele Hauptrollen.“ Die Dreharbeiten 2021, in Hamburg und Umgebung, hätten ihr viel Freude gemacht – trotz der damaligen Corona-Restriktionen. „Wir waren alle glücklich, in der Zeit durch gute Arbeit abgelenkt zu sein“, sagt Dohm. Sie habe "Laufen" bereits 2022 auf dem Münchner Filmfest im Gloria Kino sehen dürfen – und sei begeistert gewesen. „Und jetzt freue ich mich darauf, dass er im Fernsehen gezeigt wird.“ Und wer weiß: vielleicht besetzen die Filmschaffenden die wunderbare Gaby Dohm, die seit den 60er Jahren die TV-Zuschauer und Theater-Besucher mit ihrem Spiel begeistert und immer noch zur ersten Garde der Schauspielerinnen gehört, demnächst doch einmal wieder für eine Hauptrolle im Fernsehen. Wünschenswert! Von Franziska von Mutius für BILD, 8.2.2023
Der Fernsehfilm "Laufen" möchte die Reise dieser Frau filmisch fassen. Silke Zertz hat dafür eine erzählerische Form gefunden, die den langen inneren Monolog der Ich-Erzählerin in eine konsequente szenische Struktur übersetzt. "Laufen" ist ein Film geworden, der die seelische und körperliche Bewegung der Trauerarbeit in Szenenübersetzt, der von Mut, Hoffnung und auch absurd-komischen Momenten angesichts eines lähmenden Verlusts erzählt. 🏃♀️ Producerin Heike Wiehle-Timm: Als ich von Silke Zertz den Roman "Laufen" von Isabel Bogdan empfohlen bekam, war ich begeistert und ratlos zugleich. Wie wollte man diese atemlose, radikal subjektive Erzählung über eine Frau, die nach einem erschütternden Verlust aus der Bahn geworfen wird und mit dem Laufen beginnt, in eine filmische Dramaturgie übersetzen? Und, war das nicht die ideale Rolle für Anna Schudt, mit der ich nach "Aufbruch in die Freiheit" so gern die vertrauensvolle Zusammenarbeit fortsetzen wollte? Mit großer Sensibilität hat Silke Zertz den Roman transformiert und nimmt uns mit auf die Reise von Julianes Trauer- und Gesundungsprozess. Die Radikalität der subjektiven Erzählung ist auch dem Film eigen: Durch ihren Blick, ihre mäandernden Gedanken verbinden wir uns mit ihr und ihren Fragen zu Trauer und Depression, Akzeptanz und Lebendigkeit. Wie wird man mit dem Verlust des geliebten Partners fertig? Wie kann man Abstand von dem Unfassbaren gewinnen? Schritt für Schritt kämpft sich Juliane aus dem Krisenmodus heraus, mit all ihrer Kraft und manchmal verzweifelten Wut. Sie fasst wieder Mut und Selbstvertrauen und erobert sich so die verloren gegangene Souveränität über ihr Leben zurück. Bestärkt von ihrer besten Freundin Rike und ihrer Therapeutin Frau Mohl bekommt ihr Leben für sie wieder Sinn, bis sie Luft unter ihren Flügeln spürt. Wir, die Zuschauer*innen erleben die Geschichte als Ermutigung, die Lust aufs Leben und das Laufen macht. Anna Schudt setzt in der präzisen, genau beobachteten Inszenierung von Rainer Kaufmann diese Figur Juliane kongenial in Szene. Mit einer unglaublichen Offenheit gewährt sie uns Einblick in Julianes Seelenzustände. Wir erleben ihren Kampf gegen Schuldgefühle, Selbsthass und Verzweiflung. Wie sie sich in das Leben zurückkämpft und ihr die Dynamik des Laufens dabei hilft, wieder selbstbestimmt und frei ihre Entscheidungen zu treffen. Mit ihr erleben wir auch die Kraft der Musik, wenn sie als Orchestermusikerin mit ihrem Cello die Dämonen in Schach hält. Bei diesem Projekt kam viel Schönes zusammen: Es ist ein großes Glück, mit Partner*innen zusammenarbeiten zu können, mit denen ich schon andere großartige Projekte gemeinsam auf den Weg gebracht habe. Neben der immer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit Solveig Cornelisen (Redaktion) konnte ich neben Silke Zertz auch einmal mehr die Zusammenarbeit mit dem wunderbaren, sensiblen Regisseur Rainer Kaufmann fortsetzen – ein sich gegenseitig befruchtendes Quartett. 🏃♀️ Drehbuchautorin Silke Zertz: "Ein toller Roman", sagte meine Produzentin Heike Wiehle-Timm, als ich sie auf Isabel Bogdans "Laufen" aufmerksam machte, "aber nicht verfilmbar." Reiner Bewusstseinsstrom. Die erratischen Gedankenschleifen einer traumatisierten Protagonistin, Versatzstücke ihrer Erinnerungen und Momentaufnahmen ihrer Gegenwart, und das Ganze erzählt im nach Luft japsenden Rhythmus des Laufens: Wie soll daraus ein Film werden? Andererseits: Was für eine Chance! Eine positive, lebensbejahende Geschichte über Depression. Trauer in einer Aufwärtsbewegung, mit Humor erzählt. Die Geschichte einer Frau, die sich selbst heilt, indem sie ihren Körper in Bewegung setzt. "Es ist alles da, es braucht nur eine neue Ordnung", sagte ich damals, ohne genau zu wissen, wie sie aussehen würde. Ich warb um Vertrauen und bekam es. Diese neue Ordnung für das Drehbuch zu finden war schließlich die große Herausforderung. Das Füllhorn von Details, das Isabel Bogdan in ihrem Roman bereitgestellt hatte, musste ausgeschüttet und neu zusammengesetzt werden. Und zwar ohne eine festgelegte Chronologie, eben wie ein Puzzle: Erst fügt man ein paar blaue Teilchen in der linken Ecke zusammen, dann ein bisschen rot unten links, dann ein Stück vom Rahmen mit der Ecke, und irgendwann entsteht ein Bild, das Interesse weckt und Lust macht auf mehr. Stück für Stück wird sichtbar, was Juliane Hansen durchgemacht hat. Und wie sie sich befreit. Entwickelt. Die Struktur sollte den Trauerprozess der Hauptfigur spiegeln. Also wie im wirklichen Leben, zwei Schritte vor, einen Schritt zurück. Ein behutsames Herantasten an das Unaussprechliche. Ein langsames Herauslaufen aus den Gedankenschleifen. Ein Schritt-für-Schritt-Bewältigen von Schuldgefühlen, Scham und Ohnmacht. Deshalb entschied ich mich für eine Erzählweise, die die Handlung in Kapitel unterteilt und innerhalb der Kapitel mit Flashforwards und Flashbacks arbeitet. Die Erzählung umkreist die monströse Tat, den Suizid. Sie mäandert zwischen einer Zeit davor, einer Zeit danach und einem Heute. Sie fügt sich schließlich zu einem Ganzen zusammen, auch mit Hilfe einer Erzählerin, die ihren mühsamen Weg selbstironisch reflektiert. In dem Maße, wie Juliane Hansen ihre Vergangenheit zu begreifen beginnt, entwickelt sie sich auch in der Gegenwart: Schritt für Schritt kann sie sich befreien und läuft sich buchstäblich ins Leben zurück. 🏃♀️ Romanautorin Isabel Bogdan: Es ist tatsächlich eine große Glücksgeschichte. Schon beim ersten Treffen mit Heike Wiehle-Timm und Silke Zertz hatte ich das Gefühl: Hier bin ich richtig. Hier sind kluge, kompetente Frauen am Werk, hier ist mein Roman in guten Händen. Ich selbst hätte ihn gar nicht als Film gesehen. Wie will man einen inneren Monolog, die zeitlich hin- und herspringenden Gedanken einer Frau beim Laufen, in eine Filmhandlung übersetzen? Auftritt Silke Zertz: "Klar geht das." Sie erzählt die Erinnerungsfetzen aus, springt zeitlich genauso vor und zurück wie der Roman, schneidet immer wieder das Laufen rein, klatscht kein zuckersüßes Happy End hinten dran – und versteht bei all der Schwere des Themas auch noch meinen Humor. Als ich das fertige Drehbuch las, habe ich tatsächlich geweint vor Glück. Das zweite Mal geweint habe ich, als ich bei den Dreharbeiten zur Volkslaufszene zuschaute. Mein erster Drehtag, es war herrliches Wetter, zig Statisten liefen mit, ebenso viele standen am Rand und applaudierten. Juliane (Anna Schudt) läuft durchs Ziel und wird von ihrer Freundin Rike (Katharina Wackernagel) in Empfang genommen – ein emotionaler Wendepunkt im Film und im Roman, und für mich ebenfalls ein hochemotionaler Moment. Dieser Aufwand, all diese Leute, die teilweise seit Wochen und Monaten daran arbeiteten, dass dieser Film gut wird. Mein Film! Wahnsinn. Rainer Kaufmann hat dieses wunderbare Drehbuch mit einer großen Liebe zu den Figuren und ebenso großem Respekt vor dem Thema umgesetzt – mit einem unglaublich guten Ensemble. Anna Schudt als Juliane, die zunächst am Boden zerstört und abgrundtief verzweifelt ist und sich dann ganz langsam ein wenig berappelt – mit allen Zwischenstadien von Trauer, Wut, Fassungslosigkeit und Lichtblicken – ist eine Sensation. Noch dazu hat sie monatelang Cello geübt und sich selbst beim Laufen beobachtet. Eine Freundin wie die hinreißende Katharina Wackernagel (Rike) wünscht man sich sowieso. Auch die anderen Rollen überzeugen absolut. Gaby Dohm und Michael Abendroth als verbitterte Schwiegereltern, Kai Schumann als Rikes Mann, das Streichquartett. Überhaupt: die Musik. Die Musik von Richard Ruzicka! In den letzten fünf Minuten des Films wird kein Wort mehr gesprochen, da ist nur noch diese Musik, und sie geht auf direktem Weg ins Herz. "Laufen" mag ein Film über Trauer sein, aber er ist vor allem ein Trostfilm. Und einer über Freundschaft. 🏃♂️ Regisseur Rainer Kaufmann: Isabel Bogdan hat einen Roman über eine Frau geschrieben, die mit einer inneren Atemlosigkeit auf die Welt blickt, die seit einem Jahr für sie nicht mehr existiert. Sie ist wie eingesperrt mit einem minutiösen Blick auf Details. Die Geschichte beginnt, als sie langsam wieder fähig wird, zurück in ihr Leben zu finden. Während man liest, wird man als Leser in diese Perspektive gezwungen. Man durchlebt mit dieser Figur langsam einen Erneuerungsprozess. Schnell kommt man auf den Gedanken, aufgrund der soghaften Erzählform einen experimentellen Film aus dem Roman zu machen. Das wäre aber sicherlich zu ungewohnt und deshalb falsch. Ich wollte auch Zuschauer ansprechen und einladen, die erst mal nicht von dem Thema "Wiederherstellung des inneren Gleichgewichts nach Selbsttötung des Ehemanns" angezogen sind. Trotzdem sollte es ein Film werden, der die klassische Erzählstruktur durchbricht. Wie gestaltet man aus diesem Roman einen Film, der unterhält? Der einen Sog entwickelt, dem sich der Zuschauer nicht entziehen kann? Die Autorin Silke Zertz hatte als erste die Idee, aus dem Roman ein Drehbuch und einen Film zu machen. Sie hat es tatsächlich geschafft, die Energie aus Isabel Bogdans Buch in ein besonderes und eigenwilliges Drehbuch zu verwandeln. Das hat mir sehr geholfen, einen Schlüssel für eine entsprechende filmische Form zu finden. Die gesamte Art, wie der Film seine Geschichte preisgibt, entsteht aus dem Gedanken, aus dem Gefühlsleben der Hauptfigur zu erzählen. Die innere und äußere Reise zu einer Person, die wieder ein fast intaktes Seelenleben hat, ist nicht stringent. Deswegen verlässt die filmische Erzählung die kontinuierliche Zeitlinie und springt in der Lebenszeit der Hautfigur so hin und her, wie diese sie selbst erlebt. Da das sehr klug von Silke Zertz adaptiert und umgesetzt ist, bietet das Drehbuch ein relativ sicheres Gerüst für meine inszenatorische Arbeit. Bemerkenswert ist an dieser Stelle auch die besonders einfühlsame Kameraarbeit von Martin Farkas. Die Musik spielt in dem Film eine ganz besondere Rolle. Ich habe mich mit dem Komponisten Richard Ruzicka schon lange vor den Dreharbeiten getroffen und mit ihm über das Vorhaben geredet. Er hat dann allein nach Lesen des Drehbuchs und dieses Gespräches eine Musik komponiert, die die Grundlage für das Cello-Konzert am Ende des Films wurde. Ohne dass es im Film thematisiert wird, steuert die ganze Geschichte auf dieses Cello-Konzert zu. Und welch' große Bedeutung es hat, sieht man jetzt im fertigen Film. Obwohl wir uns alle sehr bemüht haben, dorthin zu kommen, wo der Film jetzt endet, kann so etwas nur mit ein wenig Magie gelingen. In den letzten zehn Minuten wird kein Wort gesprochen und trotzdem vermisst man nichts. Anna Schudt nimmt einen derart gefangen auf dem letzten Teil dieser Reise, dass man bis zum letzten Moment gebannt Ihrem Spiel zuschaut. 🏃♀️ Drei Fragen an Katharina Wackernagel: Rike möchte ihrer Freundin zur Seite stehen. Wie geht sie mit Julianes Schmerz um? „Rike ist rund um die Uhr für Juliane da und versucht sie zu motivieren, wieder ins Leben einzusteigen. Sie fordert sie heraus, ihre Ehe nicht nur zu verklären, sondern sich auch an die Momente zu erinnern, in denen nicht alles eitel Sonnenschein war, um das Geschehene verarbeiten zu können. Sie holt sie aus der Depression, wenn Juliane abtauchen will, lädt sie Weihnachten zu sich ein und auch ins Ferienhäuschen nach Schweden, damit sie Teil einer Familie sein kann, die sie liebt und ihr Kraft gibt.“ Wie vereinbart Rike den Spagat, für ihre Freundin da zu sein, ohne die eigene Familie zu vernachlässigen? „Es gibt Momente im gemeinsamen Urlaub, in denen sich Rikes Mann hinter den Bedürfnissen Julianes zurückgesetzt fühlt, aber die Qualität der Freundschaft von Rike und Juliane ist eben auch die, dass Rike sie wie selbstverständlich in die Familie integriert und von ihrem Partner erwartet, dass er diese Phase gemeinsam mit ihr trägt.“ Wie schwer ist es für Rike, neben der eigenen Hilflosigkeit auch noch mit der Zurückweisung der Freundin umzugehen? „Es braucht viel Kraft, um in der Zeit der Trauer und des Verlusts für einen Menschen da zu sein. Da ist manchmal kein Platz für Höflichkeiten. Aus Liebe und Mitgefühl zu ihrer Freundin erträgt Rike es über zwei Jahre stoisch, aber irgendwann platzt auch ihr der Kragen – in dem Moment nämlich, in dem sie glaubt, Juliane würde an dem Schmerz festhalten, um sich dahinter zu verstecken, obwohl sie eigentlich schon viel weiter ist.“ 🏃♀️ "Mitten durch die Feuer der Hölle" - Interview mit Anna Schudt: Was ist Juliane für ein Charakter? Was hat Sie an der Rolle gereizt? „Juliane ist vor allen Dingen erstmal ganz normal. Sie mag ihr Leben, sie mag ihren Mann, sie mag ihren Beruf als Cellistin. Wir sehen sie in dem Film auf ihrem Weg zurück ins Leben, nachdem ihr Mann Selbstmord begangen hat – also in einer Situation, die extremer fast nicht sein kann. Wir erleben die Zeit, wie sie aus einer Art Lähmung, die der Schock dieses Verlustes in ihr ausgelöst hat, versucht, ins Leben zurückzukommen – mit Hilfe ihrer unermüdlichen Freundin und des Laufens. Die Art der Transformation, wie ein Mensch durch diesen Schmerz wieder auf die Beine kommen muss, um weiterzuleben und wieder einen Sinn zu finden, und die Übersetzung – im wahrsten Sinne des Wortes wieder in Bewegung kommen zu müssen, obwohl man nicht entfliehen kann – das hat mich ungeheuer gefordert. Die Auseinandersetzung mit der Schuld und dem Zustand, keine Antworten zu finden und trotzdem jeden Morgen aufzuwachen und dem Tag begegnen zu müssen. Und irgendwann doch wieder Licht am Ende des Tunnels zu sehen.“ Um sich ihrer Trauer zu entziehen, zieht Juliane ihre Laufschuhe an und rennt los. Was geht ihr dabei durch den Kopf? „Sie versucht nicht zu fliehen. Sie versucht, irgendetwas zu spüren außer dem Schmerz. Sich vorwärtszubewegen, und sei es nur Schrittchen für Schrittchen, sich dem Atem und dem Körper zu stellen – das ist so etwas wie ein Bild für den menschlichen Überlebensinstinkt. Sie versucht, nicht zu denken. Sie versucht, dem ewigen Karussell der Gedanken zu entkommen und sich wieder zu spüren.“ Laufen als Methode der Krisenbewältigung. Glauben Sie, dass das funktioniert? „Ich glaube, es ist ein absolut notwendiges Puzzlestück. Bewegung hilft immer. Es werden Glückshormone freigesetzt, und die Welt sieht danach anders aus. Nur Laufen wird nicht reichen, aber es hilft. Ich kann es jedem nur empfehlen.“ Wie anstrengend war das Laufen während der Dreharbeiten für Sie? „Ich habe ein Jahr vor Beginn der Dreharbeiten angefangen, jeden Tag zu laufen, und es war so erstaunlich, was sich alles dadurch verändert hat, so dass ich bis heute regelmäßig laufe. Ich war gut vorbereitet, dadurch habe ich es einfach nur genossen. Das Anstrengendste waren eher die Phasen des Nicht-Laufen-Könnens – wenn ich laufen sollte, als ginge es nicht. Alles ist dann verspannt, krumm und schief. Da tat mir abends alles weh.“ Juliane ist wütend, dass Johanns Eltern ihr die Schuld an Johanns Tod geben. Wie geht sie mit der Frage der Schuld um? „Die Frage von Krankheit und Schuld ist eine der gemeinsten. Die Eltern, so wie Juliane selbst, versuchen sich das Unerklärliche zu erklären und scheitern. Es wäre so viel einfacher, wenn es einen Grund gäbe oder wenigstens einen Schuldigen. Dann gäbe es irgendwie einen Sinn. Aber das Schlimme ist, es gibt keinen Grund. Für alle Zurückgelassenen ein sinnloser Tod, eine nicht zu verstehende Katastrophe, mit der sie leben müssen.“ Verlust, Loslassen und dabei die Hoffnung nicht verlieren. Wie sehen Sie die Entwicklung, die Juliane durchmacht? „Für mich stellt es sich dar wie eine Aufwärtsspirale. Sie hängt am Leben, und sie geht durch alle Phasen des Trauerns, um am Ende wieder Hoffnung zu spüren. Die Wahrheit ist: Es gibt keinen Umweg. Man muss mitten durch die Feuer der Hölle hindurch. Und das macht sie. Widerwillig, aggressiv, ungerecht, erschöpft. Aber sie macht es. Ich kann ihr nur den höchsten Respekt zollen.“ Juliane muss lernen, das Leben wieder zuzulassen. Wie geht sie damit um? „Sie wehrt sich erstmal. Wie sollte es anders sein? Alles ist weggebrochen, von so einem Einschnitt erholt man sich niemals ganz. Sie hat ihr Tempo und sie läuft. Irgendwann wird sie ankommen.“ Juliane fällt es lange schwer, andere Menschen an sich heranzulassen. Können Sie das nachvollziehen? „Juliane kann nichts spüren außer diesem Verlust. Sie hat einen Mantel des Schmerzes um sich herum. Niemand kann sie verstehen. Sie ist so allein, wie man nur sein kann. Was mit ihr passiert, ist kein aktiver Vorgang, sie hat sich das nicht ausgesucht. Da ich sie gespielt habe, ist mir das mehr als verständlich.“ Juliane ist professionelle Cellistin. Haben Sie für die Rolle Cello spielen gelernt? „Ich habe als Kind sehr gerne Cello gespielt und mich mit Eifer in dieses Instrument gestürzt. Ich liebe Herausforderungen, und das war definitiv eine. Ich wollte nicht gedoubelt werden, und das habe ich geschafft. Also kann ich dankbar sagen: Ich habe zwei Dinge aus diesem Film als neue Lieben mitgenommen: Das Laufen und das Cellospielen.“
Ein unerwarteter Selbstmord, eine Welt aus den Fugen und Laufen als Therapie. Nach einem Schicksalsschlag erläuft sich Anna Schudt im ZDF- Fernsehfilm "Laufen" ein neues Leben Wir [all4radio] haben uns mit Schauspielerin Anna Schudt über ihren neuen Film und ihre anspruchsvolle Rolle unterhalten: O-Ton ihrer Antworten / Transkript der Fragen und Antworten 1. Frau Schudt, im Film "Laufen" passiert Juliane das Schlimmste, was sich ein Mensch vorstellen kann: Der Partner begeht Selbstmord. Sie spielen diese Fassungslosigkeit, aber auch Hilflosigkeit unglaublich überzeugend. Wie kann man sich auf so etwas vorbereiten? „Wie man das schafft, kann ich Ihnen nicht erklären, weil das natürlich unsere Arbeit ist als Schauspieler. Jeder hat da so seine Methode, wie man sich dem nähert und versucht sich das einzuverleiben. Ich habe mich natürlich mit dem Zustand beschäftigt, aber ich habe mich vor allem damit beschäftigt, wie kommt man da raus. Und es gab eine interessante Sache bei der Vorbereitung, dass ich festgestellt habe, dass es ein Dialog ist mit dem Zustand der Abwesenheit eines Menschen, den man über Jahre und eigentlich noch auf Jahrzehnte hinaus in seinem Leben vermutet hat.“ (0:35) 2. Und wie gelingt es dann abends nach Drehschluss diese düstere Stimmung wieder abzulegen? „Ich habe nicht selber persönlich damit zu kämpfen, mit diesen Dingen, die diese Figur erlebt. Das heißt, ich bin ganz gut da drin, in einem Zwischenzustand zu bleiben, wo ich abends nach Hause gehe, ich kann wunderbar mein Leben führen, aber gehe nicht komplett rein und komplett raus, weil das so anstrengend ist. Also ich bleibe in so einem Zwischen-Schwebezustand, das ist eigentlich sehr angenehm.“ (0:22) 3. Juliane beginnt ein Jahr nach dem Tod von Johann mit dem Laufen. Warum? „Es ist ein Überlebensinstinkt, der da greift. Das Laufen ist die Metapher dafür, dass alles wieder in Bewegung kommen muss. Sowohl das Innere als auch das Äußere. Und sie macht es aus Trotz und aus Wut. Der erste Impuls ist ‚Du Arschloch, ich geh jetzt wieder ins Leben‘, es gibt ja auch diese Szene, wo sie dieses Bild anschaut und dann anfängt sich anzuziehen und seine Schuhe in die Ecke schmeißt. Also da ist eine richtige Portion Wut in dem Moment und ich glaube, der Überlebensinstinkt befiehlt ihr, sich zu bewegen, obwohl sie weder will noch kann, und sie immer noch diesen schweren Schmerzmantel um sich herum hat.“ (0:38) 4. Während des Laufens stellt sich Juliane den Erinnerungen an Johann. Was macht das mit ihr? „Naja, sie muss sich dem stellen, dass das natürlich eine sehr schwierige Beziehung war. Und dass der Mann hochdepressiv war, und dass das ihren Lebensfluss extrem beeinflusst hat. Also die Depression hatte mehr Auswirkungen auf sie, als sie sich das während der Beziehung zugestanden hat, und dass sie eigentlich – sag ich mal – auf einem Fluchtweg war. Sie war eigentlich dabei, einen Ausweg zu suchen aus dieser Situation. Und dem muss sie sich stellen und das ist sehr schwierig, weil sie natürlich mit Schuld zu kämpfen hat. Mit Schuldgefühlen und mit der Frage, inwiefern hätte ich es verhindern können.“ (0:38) 5. Sie mussten in "Laufen" ja im wahrsten Sinne des Wortes jede Menge laufen. Ist Ihnen das schwer gefallen? „Ich muss mich bewegen. Wenn ich mich nicht bewege, dann werde ich ganz elend. Ich bin vorher so gelegentlich gelaufen und dann bin ich in der Vorbereitung aber jeden Tag gelaufen, und das hat mir und meinem Nervensystem, meiner Psyche, so Enormes beschert, dass mich das nicht mehr losgelassen hat. Also ich laufe immer noch drei bis vier Mal die Woche und das macht mich glücklich. Das kann ich mal so sagen.“ (0:30) 6. Was hat Sie generell an der Rolle der Juliane und am Drehbuch gereizt? „Naja, also jede Schauspielerin, die so eine Rolle liest und da eine Affinität dazu hat, würde das annehmen. Ich glaube, das ist sehr einfach. Also da gibt es sehr, sehr wenige, die sagen ‚Ach nö, das finde ich blöd‘ oder so. Im Gegenteil. Also was da alles gefordert wurde, war so sensationell als Aufgabe, dass das gar nicht abzulehnen ist, sowas.“ (0:20) 7. Neben Ihnen spielen in dem Drama noch weitere Kollegen wie Katharina Wackernagel, Maximilian Brückner und Gaby Dohm mit. Wie war die Zusammenarbeit? „Also das war ausnehmend schön. Überhaupt war diese Arbeit ein einziger Glücksfall. Da hat eigentlich alles gepasst und alle waren ungeheuer mit diesem Thema infiziert und haben versucht, dem Respekt und Aufmerksamkeit entgegenzubringen und haben das getragen, wie sie nur konnten. Also ich glaube, wir haben da alle an einem Strang gezogen und jeder in seiner Funktion, und das war ganz wundervoll.“ (0:27) 8. Im Film laufen Sie aber nicht nur, sie spielen auch Cello. Haben Sie schon vorher gespielt oder es für den Film gelernt? „Also ich habe früher Cello gespielt als Kind, also intensiv bis ich 16 war, und dann bin ich ja ausgezogen, hab mich der Schauspielerei gewidmet, dann hatte ich keine Lust und keine Zeit mehr, da waren andere Dinge wichtig. Dann habe ich wieder angefangen, aber mit 23 habe ich es in die Ecke gestellt und habe gesagt, dieses Thema ist erledigt. Dann kam dieser Film. Im Buch ist es ja eine Bratschistin, dann habe ich gesagt, ok, ich habe mal Cello gespielt, lass uns das umwandeln, das war ja kein Ding. Und dann habe ich, weil ich so lange Vorbereitungszeit hatte, auf der Stelle ein neues Cello gekauft, habe einen Cello-Lehrer gesucht und habe drei Stunden am Tag geübt. Ich war natürlich gespannt, was das am Schluss für ein Konzert wird, mein Ehrgeiz war, dass es nicht gedoubled wird. Dann habe ich das bekommen und habe gesagt, das schaffe ich nicht, aber ich habe es doch geschafft.“ [lacht] (0:49) Quelle: ZDF-Presseportal / all4radio "Laufen" Juliane (Anna Schudt) ist verstört, verzweifelt, gerät leicht in Panik, sie kriegt es nicht in ihren Kopf: Ihr Lebensgefährte Johann (Maximilian Brückner) hat sich das Leben genommen. Einfach so. Ohne Vorwarnung. Oder hat sie mögliche Signale übersehen? „Warum hast du mir nie was gesagt? Ich hätte es doch sehen müssen. Ich hätte dir doch helfen müssen.“ Gedanken wie diese wird sie nicht los. Und überall, wo sie geht und steht, taucht Johann auf und feixt sie an. Ihre beste Freundin Rike (Katharina Wackernagel) hilft ihr, sie aus der Depression zu holen und kleine Fluchten aus der Antrieblosigkeit zu finden. Gemeinsames Weihnachtsfest, Urlaub in Schweden mit Rikes Familie, mit Ehemann Oliver (Kai Schumann) und ihren Kids. Im ersten Jahr nach dem Tod ist bloßes Überleben Julianes Ziel. Im zweiten heißt es (wieder) Leben lernen. Neben Rike wird sie dabei von einer Therapeutin (Victoria Trauttmansdorff) unterstützt. Eine wichtige Rolle beim Heilungsprozess könnte die Musik spielen: Juliane ist Cellistin in einem Quartett. Und noch etwas hilft entscheidend: Die Frau, deren Kopf niemals ruht, beginnt zu laufen. „Laufen ist super. So schön stumpf. Man muss nicht mehr denken.“ Dennoch dauert es zwei Jahre, bis die Hauptfigur des ZDF-Fernsehfilms "Laufen" (Relevant Film) wieder im Leben angekommen scheint. Das TV-Drama von Regisseur Rainer Kaufmann ist entstanden nach einem als unverfilmbar geltenden, als Innerer Monolog verfassten Roman von Isabel Bogdan. Dass der Film für ein interessiertes Publikum dennoch vorzüglich funktioniert, liegt an dem präzise konzipierten Drehbuch von Silke Zertz, das die Chronologie der Geschichte klug aufbricht, an der konzentrierten und trotz der Brüche flüssigen Inszenierung und vor allem an der wunderbaren Anna Schudt, die den Zuschauer einmal mehr preiswürdig mitnimmt in eine schwierige Rolle, deren Entwicklung sie fein nuanciert darstellt. Ihre Figur ist Cellistin. Dass Schudt das Instrument hier selbst spielt, ist das i-Tüpfelchen auf diesem außergewöhnlichen, zutiefst wahrhaftigen Film. ⭐⭐⭐⭐⭐1/2 von 6 möglichen Vollständige Kritik auf Tittelbach.tv, Stand: 27.3.23 „Verdrängen ist das Dümmste, was man tun kann.“ ‒ Der Münchner Schauspieler Maximilian Brückner im Gespräch Im neuen Fernsehfilm spielt der gebürtige Münchner quasi einen Geist: In "Laufen" kämpft sich seine Lebensgefährtin nach seinem Suizid über den Sport ins Leben zurück. Warum ihn die Rolle gereizt hat und womit ihm seine Kinder den Spiegel vorhalten, verrät er hier. Herr Brückner, in "Laufen" geht es um Themen, die nicht so viel Platz in der Gesellschaft haben, wie Tod, Trauer und auch Selbstmord. Finden Sie es wichtig, dass solche Geschichten im Fernsehen erzählt werden? Natürlich, das wird auch immer mehr kommen. Weil diese Dinge immer mehr Teil unseres Lebens sind. Corona wirkte wie ein Katalysator. Dann kam der Angriffskrieg auf die Ukraine und ganz obendrauf kommt der Klimawandel. Die Welt ist endlich. Als ich klein war, dachte ich, sie wäre unendlich. Doch sie ist eigentlich schon drüber. Es kommen ganz viele Fragen auf und verdrängen ist das Dümmste, was man tun kann. Deswegen glaube ich, dass Themen wie der Tod, der unmittelbar in unserer Nähe passiert, wieder mehr in den Fokus müssen. Dem müssen wir uns stellen. Der Film berührt, wirft viele Fragen auf. Gab es Dinge, die Ihnen schwergefallen sind bei den Dreharbeiten? Ich spiele in dem Film eine kleine Rolle – sozusagen den Verstorbenen, der als Geist in der Geschichte ab und an auftaucht. Der Film wird mehr über andere Figuren erzählt. Durch sie bekommt der Zuschauer ein Gespür dafür, wie meine Figur gewesen ist. Die Frage nach dem Warum steht für die Hinterbliebenen immer da. Das ist, was einen so schockt. Ich spiele gerne Rollen, wo man überlegen muss, wie mache ich das. Manchmal scheitere ich daran, manchmal haut’s hin. Ich finde, man muss es probieren. Für mich schwingt beim Film auch mit: Auch wenn es Krieg und Tod gibt, muss man sich die Freude bewahren. Unbedingt. Ich kann es nur empfehlen, sich zu bewegen, seinen Körper zu spüren. Damit kann man mit vielem gut umgehen, es hilft einem. Dann geht’s Ihnen vermutlich auch so, dass Sie beim Sport glücklich sind, zum Beispiel beim Surfen auf dem Eisbach. Ja. An Themen wie im Film muss man ganzheitlich ran. Aber ich glaube, Sport ist ein guter Punkt, um anzufangen. Da muss jeder sein Ding finden. Mir macht es sehr viel Spaß. In einem Interview haben Sie 2019 gesagt, dass Sie sich Gesundheit wünschen, für Ihre Familie und die Welt. Ein Wunsch, der in der Pandemie nochmal an Bedeutung gewonnen hat, oder? Wir Menschen hatten eine wahnsinnig lange glückliche Zeit, haben das zum Teil vielleicht zu wenig geschätzt. Was es so katastrophal macht, ist, wenn alles so zusammenkommt. Und der Klimawandel ist eine Sache, die geht nicht mehr weg. Und das sitzt dann tief. Damals haben Sie auch gesagt: Ich hoffe, dass die Menschen nicht „aus Unsicherheit komisch rechts werden“. In der Pandemie war das aus meiner Sicht zum Teil der Fall. Es hat viel mit Angst und Verleugnung zu tun. Angst ist das Grundmotiv, sich einfach eine Welt zusammenzubauen, weil man die Realität nicht sehen will. Da steig ich nicht ein. Trotzdem sind es Menschen, die Einfluss auf unseren Alltag haben. Sie nehmen sich einen Teil der Realität raus, der für ihr Weltbild passt. Es heißt, dass es die Idee Ihrer Eltern war, dass Sie Schauspieler werden. Sie haben zwei Kinder: Würden Sie deren beruflichen Weg beeinflussen wollen? Ich glaube, das ist ein Riesenproblem, dass Eltern ihre Kinder beeinflussen, weil sie Träume, die sie selbst hatten, umsetzen wollen. Man muss schauen, wie jedes Kind tickt. Als Eltern hat man nur ein bisschen Einfluss auf die Höflichkeit und die Etikette. Wenn man ehrlich ist, kommen die Kinder so raus, wie sie sind. Da ist gar nicht so viel möglich (lacht). Im Grunde sind das schon fertige Charaktere. Das ist auch das Faszinierende. Man muss auf das jeweilige Kind eingehen, wo liegen die Stärken und Schwächen. Und nicht versuchen, die Schwächen zu kaschieren oder etwas zu erzwingen. Mein Vater hat oft scherzhaft gesagt: Du kannst Kinder erziehen, wie du willst, sie machen einem doch alles nach. (Lacht) Ja, das wollte ich auch noch sagen. Da kriegst du alles hingelegt. Das ist wie ein Spiegel, der die ganze Zeit vor dir rumläuft. Wir schimpfen die Kinder, sie sollen kein Handy in der Hand haben – und wer hat es in der Hand... Ich habe gelesen, dass Sie stolz sind, Ihren Kindern irgendwann "Die Wannseekonferenz" zeigen zu können. War das ein entscheidendes Kriterium oder wonach wählen Sie Rollen aus? Ich versuche, ganz verschiedene Sachen zu machen. Ich mag Comedy genauso wie einen Horrorfilm. "Die Wannseekonferenz" war für mich ein Film, der eine unglaubliche Bedeutung hat. Vielleicht nehmen meine Kinder auch aus einer guten Komödie etwas mit heraus. Aber das ist Historie, so ist das passiert. Es ist einer meiner wichtigsten Filme. Sie sind Münchner Schauspieler, aber bei Ihrer Rollenauswahl merkt man, dass Sie nicht so auf das Bayerische festgelegt sind. Es ist ein Privileg, für das ich sehr dankbar bin. Die ist aber auch erarbeitet. Ich hätte natürlich wesentlich mehr in die eine Richtung machen können. Da muss man auch Sachen absagen und Mut haben. Um das Bild vom Surfen zu nutzen: Auf der Welle zu surfen und irgendwann hart auf dem Sand aufzuschlagen, wollte ich vermeiden. Interview von Sabina Kläsener für Hallo München, 16.4.23 Zur Person: In München am 10. Januar 1979 geboren, absolvierte Maximilian Brückner seine Schauspielausbildung an der Otto-Falckenberg-Schule. 2002 erhielt er sein erstes Engagement am Volkstheater. Zudem ist der 44-Jährige aus zahlreichen Film- und Fernsehproduktionen bekannt: als Tatort-Kommissar im Saarland, in Doris Dörries "Kirschblüten – Hanami", Filmen wie "Das schönste Paar" und "Wunderschön". Prägend war seine Rolle in der Fernsehserie "Hindafing", für die er den Bayerischen Fernsehpreis bekam. Brückner lebt mit seiner Frau und zwei Töchtern (*2017/*2019) in einem Mehrgenerationenhaus – zusammen mit seinen Eltern und mehreren Geschwistern. Ein Glücksfall in der Pandemie, wie er verrät: „Ich hatte die zwei Perspektiven, die nicht unterschiedlicher hätten sein können.“ Er war für Dreharbeiten für "Die Wannseekonferenz" in Berlin, als quasi nichts mehr erlaubt war, lief Kilometer durch die Stadt, um nicht in der Wohnung eingesperrt zu sein. „Zu Hause fand ich es angenehm. Es war ruhiger, reduziert – ich habe es sogar genossen.“ Sein neuer Film "Laufen" ist am Montag, 24. April, ab 20.15 Uhr im ZDF zu sehen – und ab sofort für ein Jahr in der Mediathek. "Laufen" - Die Suche nach der richtigen Trauer Immer wieder hatte Juliane Hansen (Anna Schudt) versucht, für ihren Partner Johann König (Maximilian Brückner) da zu sein, der zunehmend in seinen Depressionen versank. Doch es war nicht genug, am Ende nahm er sich doch das Leben. Ein Jahr ist seither vergangen. Ein Jahr, in dem Juliane viel getrauert hat, aber nicht vom Fleck gekommen ist, auch wenn ihre Freundin Rike Brandt (Katharina Wackernagel) sie unterstützt, wo immer es geht. Sie schafft es einfach nicht. Beruflich geht es bei der Musikerin seither ebenfalls nicht voran. Aber dann beschließt sie, mit dem Laufen anzufangen. Einfach ist das nicht, der Körper will nicht mitspielen, sie hat zu Beginn viel zu kämpfen. Und doch gibt sie nicht auf, ist entschlossen, endlich wieder die Kontrolle über ihr Leben zurückzubekommen … Was tun, wenn man einen geliebten Menschen verloren hat? Diese Frage werden sich die meisten irgendwann einmal stellen und doch keine wirkliche Antwort bekommen. Denn so individuell Menschen und ihre Beziehungen zueinander sind, so individuell ist auch die anschließende Trauerarbeit. Das ist im Filmbereich ein dankbares und immer mal wieder aufgegriffenes Thema. Nun kommt mit dem ZDF-Drama Laufen ein weiterer Film, der dieser Frage nachgeht, beispielhaft an einer Frau, die nach dem Tod ihres Partners in ein tiefes Loch fällt. Der Titel gibt dabei mehr oder weniger vor, womit Juliane sich aus diesem Loch befreit: Sie läuft. Das hat zwar erst einmal nichts mit dem Tod oder der Trauerarbeit an sich zu tun, wird dabei aber zu einem Symbol dafür, dass jemand sein Leben in den Griff bekommt. Manche werden sich dabei vielleicht an "Brittany Runs a Marathon" zurückdenken. Die Protagonistin hatte damals zwar niemanden verloren, steckte aber ebenfalls in einer Krise – beruflich wie privat – und holte sich die Kontrolle und Selbstachtung durch das Laufen zurück. Im Vergleich dazu macht der deutsche Film jedoch einiges anders. Zum einen verzichtet er auf Humor. Wenn sich hier die Hauptfigur schwer mit dem Laufen tut, wird dies nicht zu humoristischen Zwecken verwendet. Der Ton bleibt selbst dann ernst. Der andere Unterschied: Wo die US-Kollegin einem tatsächlichen Ziel entgegenlief und eine bessere Zukunft im Blick hat, da ist die Adaption des gleichnamigen Romans von Isabel Bogdan rückgewandt. Das Laufen ermöglicht Juliane eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Das macht sich auch in der Erzählstruktur bemerkbar: Anstatt chronologisch die Laufaktivitäten zu thematisieren, ist das Drama von zahlreichen Flashbacks geprägt. Immer wieder taucht Johann in ihrem Kopf auf, wenn wir Szenen aus der Vergangenheit sehen. Denn auch wenn die Trauernde von ihren Erinnerungen und den Schuldgefühlen verfolgt wurde, ihn nicht gerettet zu haben, so ging sie doch nie nah genug an alles heran, um es wirklich abarbeiten zu können. Es war einfach zu groß. Regisseur Rainer Kaufmann erzählt das mit einer bewundernswerten Zurückhaltung. So gibt es zwar schon den einen oder anderen emotionalen Moment. Diese werden aber nicht ausgeschlachtet, auch die übliche Manipulation, wie man sie in solchen Filmen – gerade auch denen deutscher Sender – findet, bleibt hier aus. Das Ergebnis ist unspektakulär und geht doch zu Herzen, auch weil die Hauptfigur etwas ambivalenter sein darf. Sie ist so sehr von ihrer eigenen Trauer besessen, dass sie andere nicht mehr wahrnimmt. Auch das ist etwas, das sie im Laufe des Films lernen muss. Das Drama, das beim Filmfest München 2022 Premiere hatte, mag nichts Neues erzählen oder starke Erkenntnisse bringen. Aber es ist doch die überzeugende Umsetzung eines gleichermaßen individuellen wie universellen Schicksals, welches auch dank der Leistung von Anna Schudt viele erreichen dürfte. Fazit: „Was tun, wenn ein geliebter Mensch gestorben ist? "Laufen" erzählt, wie eine Frau, die nach dem Selbstmord ihres Partners im Loch steckte, durch das Laufen langsam wieder die Kontrolle zurückerhält. Die Romanadaption überzeugt dabei mit einer zurückhaltenden Erzählweise und einer guten Hauptdarstellerin, auch wenn hierbei sicher keine neuen Erkenntnisse gewonnen werden.“ 7 von 10 möglichen Punkten Von Oliver Armknecht auf Film-Rezensionen.de Von Relevant Film, 19.9.2023: +++ Das Film- und Serienfestival Baden-Baden, die Televisionale (27.11. - 01.12.2023), hat gestern ihre Nominierten bekannt gegeben. +++ Und wir sind mit "Laufen" dabei! Hurra! Hurray! Hourra! 🤩 "Laufen" mit der wunderbaren Anna Schudt, Katharina Wackernagel, Maximilian Brückner, u.v.m. Roman Isabel Bogdan, Drehbuch Silke Zertz, Regie Rainer Kaufmann, Kamera Martin Farkas, Musik Richard Ruzicka, Montage Eva Schnare, Angela Tippel - und einem großartigen Produktionsteam! Vorführtermin auf der TeleVisionale: Di, 28.11.23, 16:45 - 18:15 Uhr im Kurhaus Baden-Baden ; Jurydiskussion: 18:15 - 19:00 Uhr, Runder Saal Aus den Produktionen des vergangenen Jahres sind zehn Fernsehfilme im Wettbewerb um den besten deutschsprachigen Fernsehfilm 2023 und den 3sat-Publikumspreis nominiert. 3sat-Sendetermin am Sa, 25.11.23 ab 21:45 Uhr. Nominiert von den Mitgliedern der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste Pressemitteilung, 18.9.2023 Silke Zertz ist für ihr Drehbuch für "Laufen" für eine DAfFNE-Auszeichnung 2023 nominiert. Zum elften Mal vergibt die Deutsche Akademie für Fernsehen (DAfF) am 2. Dezember 2023 in Berlin die DAfFNE, die unabhängige Branchenehrung für herausragende Einzelleistungen im deutschen Fernsehen. Die rund 800 Mitglieder der Akademie, kreative Film- und Fernsehschaffende aller Gewerke, stimmen über die insgesamt 21 Ausgezeichneten ab. Alle Nominierungen. Quelle: Deutsche Akademie für Fernsehen, 5.10.2023 Von Relevant Film: ... und weiter gehts mit dem goldenen Herbst! 🤩 Seit heute ist es offiziell! Unser Komponist Richard Ruzicka ist für die Musik von LAUFEN für den Deutschen Filmmusikpreis 2023 nominiert! Wahnsinn!!! Wir freuen uns so sehr. 👉Wir kommen aus dem Daumen drücken gar nicht mehr heraus. 👍✊✌️😍 Facebook, 17.10.2023 Die Bekanntgabe der Preisträger:innen des 10. Deutschen Filmmusikpreises erfolgt im Rahmen der Preisverleihung am 24. November im Puschkinhaus in Halle (Saale). Quelle, 17.10.2023 ~ ~ ~ ~ Trivia: Mit Regisseur Rainer Kaufmann arbeitete Maxi bereits 2010 "In aller Stille" zusammen, mit Anna Schudt 2017 in "Martin Luther - Zwischen Himmel und Hölle", mit Katharina Wackernagel 2006 in "5-Sterne-Kerle inklusive", mit Victoria Trauttmansdorff war er 2019 in "Generation Beziehungsunfähig" und mit Robin Sondermann spielte er 2009/10 am Münchner Volkstheater in "Peer Gynt".
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